Archiv Aktuelles 2017

20.12.2017

Frohe Festtage und ein bewegendes neues Jahr ohne starke Erschütterungen

Unser Weihnachtsbaum ist dieses Jahr üppig dekoriert. Er trägt so viele bunte Kugeln, wie es in der Schweiz und im grenznahen Ausland vom 1. Januar bis 31. Oktober 2017 Erdbeben gab.

1047 Erdbeben mit einer Magnitude kleiner als 2.5
17 Erdbeben mit einer Magnitude zwischen 2.5 und 3.9
2 Erdbeben mit einer Magnitude grösser als 3.9:
Magnitude 4.6, Urnerboden (UR), 6. März
Magnitude 4.3, Château-d’Oex (VD), 1. Juli

Wir wünschen Ihnen frohe Festtage und ein bewegendes neues Jahr ohne starke Erschütterungen!

Frohe Festtage und ein bewegendes neues Jahr ohne starke Erschütterungen

13.12.2017

Leicht verspürtes Beben bei Sion

Am Dienstag, dem 12. Dezember 2017 hat sich um 23:28 Uhr (Lokalzeit) 10 km südöstlich von Sion (VS) in einer Tiefe von 6 bis 7 km ein Erdbeben der Stärke 2.1 ereignet.

Solch relativ schwache Erdbeben werden in der Regel nicht oder nur sehr vereinzelt verspürt, aber mehr als 45 Personen haben dieses Ereignis auf unserer Webseite gemeldet. Der Grund dafür liegt in einer Kombination von drei Faktoren: geringe Herdtiefe, Tageszeit (alles ist ruhig und viele sind noch wach) und bekannte Verstärkungseffekte der lockeren Rhonetal-Sedimente. So kamen auch die meisten Meldungen aus Bramois und Grône, zwei Gemeinden am südlichen Talrand.

Das Ereignis vom 12. Dezember sowie ein kleines Nachbeben der Stärke 1.0 sechs Stunden später gehören zu einem kleinen Schwarm von Beben, der etwa 6 km von der Rhone, talparallel orientiert ist. Die Beben stehen somit in keinem direkten Zusammenhang zu den Beben, die dieses Jahr schon verschiedentlich im Zentralwallis verspürt worden sind. Diese lagen nördlich der Talmitte (siehe Karte).

Leicht verspürtes Beben bei Sion

24.11.2017

Erdbeben und Tiefengeothermie – was es zu beachten gilt

Eine grosse Herausforderung vergangener und künftiger tiefer Geothermieprojekte besteht darin, einen funktionierenden Wärmetauscher mit ausreichender Gesteinsdurchlässigkeit zu erzeugen, ohne dabei schadensbringende Erdbeben zu verursachen. Die damit verbundenen Fragestellungen sind vielfältig und komplex, wie beispielsweise jene der Unterscheidung zwischen natürlichen (tektonischen) und menschgemachten (induzierten) Erdbeben. Rein physikalisch unterscheiden sich diese Bebenarten nicht. Eine Unterscheidung, aber selten eine abschliessende Zuordnung, ist lediglich aufgrund des Orts des Bebens, des Zeitpunktes, des Herdmechanismus und des Zusammenhangs mit den vorgenommenen Eingriffen möglich.

Wie schwierig eine solche Zuordnung sein kann, zeigt sich aktuell in Südkorea. Am 15. November 2017 ereignete sich bei Pohang in geringer Tiefe ein Beben mit einer Magnitude von 5.4 wenige Kilometer von einer im Bau befindlichen Geothermieanlage entfernt. In zwei bis zu 4.3 km tiefen Bohrlöchern wurde der Untergrund seit 2016 mehrfach stimuliert, um später in der Lage zu sein, Wasser durch das Gestein zu leiten und dabei aufzuheizen. Die letzten Stimulationen fanden im August sowie im September 2017 statt und führten zu keinen grösseren Erdbeben. Derzeit untersuchen die Koreanischen Betreiber und Behörden sowie internationale Experten im Rahmen des Projekts DESTRESS einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Beben und den vorgenommenen Eingriffen.

Solche Fragestellung und daraus abgeleitete erfolgreiche Strategien («good practices») im Umgang mit induzierter Seismizität behandelt ein Bericht des Schweizerischen Erdbebendienstes an der ETH Zürich. Er wurde im Rahmen des von EnergieSchweiz unterstützten Projektes GEOBEST-CH erstellt. Der Bericht soll insbesondere Betreibern von Anlagen und den kantonalen Bewilligungsbehörden nützliche Hinweise geben, um die Risiken menschgemachter Erdbeben abzuschätzen und auf ein verträgliches Mass zu begrenzen.

Der Bericht thematisiert einführend die natürliche Erdbebenaktivität in der Schweiz, Hintergründe zur induzierter Seismizität sowie Erkenntnisse, die im Zuge der gescheiterten Geothermieprojekte in St. Gallen und Basel erworben wurden. Darauf basierend werden Leitlinien für die seismische Überwachung von Geothermieprojekten erörtert und Empfehlungen für Bewilligungsbehörden und Projektanten entwickelt, wie sich die seismische Aktivität und die damit einhergehende Gefährdung sowie das Risiko abschätzen lassen. Es gilt Massnahmen zu entwickeln, die dem Schutz von Mensch, Umwelt, Gütern und Bauten, den lokalen geologischen Verhältnissen, sowie der Ausgestaltung der Anlage Rechnung tragen.

Als Werkzeug, um eine solch umfassende Situationsanalyse für ein bestimmtes Tiefengeothermieprojekt zu erstellen, bietet sich das im Bericht beschriebene Diagnoseraster «Geothermal Risk of Induced Seismicity Diagnosis» an (GRID, Trutnevyte & Wiemer, 2017). Die darauf basierenden Empfehlungen sehen für alle Phasen eines Projekts sinnvolle Massnahmen vor. Diese umfassen Gefährdungs- und Risikoabschätzungen, die seismische Überwachung, Ampelsysteme, die Interpretation reflexions-seismischer Daten sowie der Einbezug von Betroffenen und Behörden (siehe auch „Massnahmen zur Eindämmung induzierter Seismizität“). Detaillierte Informationen zu den Empfehlungen sind neben den verlinkten Seiten in den einzelnen Kapiteln des Berichts zu finden. Diese Grundlage hilft Bewilligungsbehörden Auflagen zu verfassen und den Projektanten Massnahmen zu entwickeln, die Risiken in vernünftiger und praktikabler Weise auf ein akzeptables Mass mindern.

Eine Zusammenfassung des englischen Berichts mit den wichtigsten Erkenntnissen und Empfehlungen wird im Februar 2018 auf Deutsch, Französisch und Italienisch publiziert werden.

Erdbeben und Tiefengeothermie – was es zu beachten gilt

21.11.2017

Verspürtes Erdbeben bei Zug

Am Dienstag, 21. November 2017 ereignete sich um 10:22 Uhr (Lokalzeit) zwischen Zuger- und Ägerisee ein Erdbeben der Stärke 3.3 in einer Tiefe von ca. 32km. Beim Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich gingen in der ersten Stunde nach dem Beben etwa 300 Meldungen aus der Bevölkerung ein. Sie stammen vorwiegend aus den Regionen nördlich und nordwestlich des Bebens, unter anderem aus den Kantonen Zug, Schwyz, Uri, Nidwalden, Luzern, Zürich und Aargau.

Das letzte etwas stärkere Beben in der Region Zug mit einer Magnitude von 4.2 ereignete sich am 11. Februar 2012 in ca. 35 km Tiefe und war eines der stärksten Beben der letzten Jahre. Knapp 2 Wochen später folgte am 24. Februar 2012 ein Nachbeben mit Magnitude 3.5. Es ist davon auszugehen, dass sich das Beben von heute auf derselben geologischen Störung ereignet hat.

Nach den diesjährigen grösseren Erdbeben auf dem Urnerboden mit einer Magnitude von 4.6 und dem Erdbeben in der Nähe von Château d’Oex (VD) mit einer Magnitude von 4.3, reiht sich das Beben bei Zug in die Liste der bisher stärksten Beben dieses Jahres ein.

Mit Schäden ist bei einem Beben dieser Stärke und in dieser Tiefe nicht zu rechnen.

In den nächsten Stunden und Tagen sind in der Region weitere Beben möglich, die unter Umständen auch verspürt werden können. Beben mit einer ähnlichen oder gar grösseren Magnitude sind zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen.

Verspürtes Erdbeben bei Zug

13.11.2017

Schwere Erdbeben erschüttern das Grenzgebiet zwischen Iran und Irak sowie Costa Rica

Am Sonntag, 12. November 2017, um 18:18 Uhr (UTC, 21:48 lokale Uhrzeit) hat sich im Grenzgebiet zwischen Iran und Irak 32 km südlich von Halabjah (220 km nordöstlich von Baghdad) ein schweres Erdbeben mit einer Magnitude von 7.3 ereignet. Gemäss dem amerikanischen geologischen Institut (US Geological Survey) lag der Ursprung des Bebens in einer Tiefe von etwa 23 km. Das Beben wurde sowohl im Iran als auch im Irak stark verspürt und war selbst im angrenzenden Ausland noch wahrnehmbar. Aufgrund der Stärke und Tiefe des Bebens ist mit grossen Schäden zu rechnen.

Das Beben ereignete sich an der arabisch-eurasischen Plattengrenze. Dort bewegt sich die arabische Platte mit etwa 26 mm pro Jahr auf die eurasische Platte zu. Die oberflächennahe Lokalisierung und der Bruchmechanismus des Bebens entsprechen dem, was aufgrund der Plattentektonik in der Region bekannt ist.

Das genaue Schadensausmass ist derzeit aufgrund der Abgelegenheit der betroffenen Region schwer abzuschätzen. Aufgrund der einfachen Bauweise vieler Gebäude muss jedoch von beträchtlichen Schäden ausgegangen werden. Einen Tag nach dem Beben berichten Medien bereits von mehr als 300 Todesopfern.

Ungefähr eine Stunde vor dem grossen Beben hat sich 60 km südwestlich ein Beben mit Magnitude 4.3 ereignet, das als Vorbeben gedeutet werden kann. Vor starken Beben kommt es manchmal zu derartigen Vorbeben, allerdings treten sehr viele starke Beben ohne Vorankündigung auf. Dass es sich bei diesen kleineren Beben um ein Vorbeben gehandelt hat, lässt sich jeweils erst rückblickend feststellen.  Zwischenzeitlich haben sich zahlreiche Nachbeben ereignet. Das bisher grösste mit einer Magnitude von 5.3 erschütterte die Region etwa 10 Minuten nach dem Hauptbeben. Es war damit gross genug, um bereits beschädigte Gebäude weiter zu destabilisieren. In den nächsten Wochen und Monaten muss mit weiteren, auch starken, Nachbeben gerechnet werden.

In der Nacht auf den 13. November 2017 ereignete sich um 02:28 Uhr (UTC) zudem ein grosses Beben in Costa Rica. Es hatte eine Magnitude von 6.5 und trat in einer Tiefe von etwa 20 km auf (US Geological Survey). Das Beben wurde weit verspürt und verursachte Schäden an Gebäuden nahe des Epizentrums. Es wurde keine Tsunamiwarnung herausgegeben. Costa Rica liegt an einer konvergierenden Plattengrenze (Subduktionszone), an der sich die Cocos Platte mit einer Geschwindigkeit von etwa 9 cm/Jahr unter die karibische Platte schiebt. Auf Grund der tektonischen Gegebenheiten kommt es in dieser Region immer wieder zu grossen Beben mit hohem Schadenspotential und Nachbeben. Das letzte grosse Beben ereignete sich im September 2012 mit einer Magnitude von 7.6.

Zwischen dem Beben in Grenzgebiet von Iran und Irak und jenem in Costa Rica besteht kein Zusammenhang.

Schwere Erdbeben erschüttern das Grenzgebiet zwischen Iran und Irak sowie Costa Rica

03.11.2017

Erneutes spürbares Erdbeben in der Region Sion/Sierre

Am Freitag, dem 3. November 2017 hat sich um 19:04 Uhr (Lokalzeit) 5 km nordöstlich von Sion (VS) in einer Tiefe von 8 km ein Erdbeben der Magnitude 2.8 ereignet.

Die Erschütterungen waren, wie beim Erdbeben vom 2. November 2017, vor allem im Gebiet zwischen Sion und Sierre für die Bevölkerung spürbar. Das Rhonetal ist aufgrund seiner Bodenbeschaffenheit (weiche Sedimente) bekannt für die deutliche Verstärkung von Erdbebenwellen. Aus diesem Grund sind zahlreiche Verspürtmeldungen von Anwohnern auf der Webseite des Erdbebendienstes eingegangen. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind keine Schäden zu erwarten.

Seit Juni 2015 sind im Wallis von der Bevölkerung grösstenteils unbemerkt zwei Erdbebensequenzen im Abstand von ungefähr 12 km aktiv. Dieses Beben gehört nun zur Sequenz, welche etwa 5 km nordöstlich von Sion aktiv ist, wobei das Beben vom 2. November zur Erdbebensequenz gehört, welche rund 6 km nördlich von Sierre activ ist.

Erneutes spürbares Erdbeben in der Region Sion/Sierre

02.11.2017

Spürbares Erdbeben bei Sierre

Am Donnerstag, dem 2. November 2017 hat sich um 15:09 Uhr (Lokalzeit) 4 km nördlich von Sierre (VS) in einer Tiefe von 3.5 km ein Erdbeben mit der Magnitude von 3.1 ereignet.

Die Erschütterungen waren vor allem im Gebiet zwischen Sion und Sierre für die Bevölkerung sehr gut spürbar. Das Rhonetal ist aufgrund seiner Bodenbeschaffenheit (weiche Sedimente) bekannt für die deutliche Verstärkung von Erdbebenwellen. Aus diesem Grund sind zahlreiche Verspürtmeldungen von Anwohnern auf der Webseite des Erdbebendienstes eingegangen. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind keine Schäden zu erwarten.

Das Wallis und im Speziellen die Region nördlich von Sion/Sierre hat die höchste Erdbebenaktivität in der Schweiz. In diesem Gebiet ereignete sich 1946 das letzte grosse Erdbeben in der Schweiz. Mit einer Magnitude von 5.8 hat es zahlreiche Schäden an Gebäuden in den damals noch weniger dicht besiedelten Städten Sion und Sierre verursacht.

Seit Juni 2015 sind im Wallis von der Bevölkerung grösstenteils unbemerkt zwei Erdbebensequenzen im Abstand von ungefähr 12 km aktiv. Eine ist etwa 5 km nordöstlich von Sion gelegen und die andere ungefähr 6 km nördlich von Sierre. Die Mehrheit der registrierten Beben ereignete sich in einer Tiefe von etwa 8 km und damit vermutlich im kristallinen Grundgebirge. Das Beben vom 2. November 2017 ist das zweite Beben der Sierre-Sequenz, das eine Magnitude von 3.1 erreicht. Das erste Beben mit gleicher Magnitude ereignete sich am 14. Oktober 2015 nördlich von Sierre.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dieses Gebiet bereits in der Vergangenheit ähnliche Aktivitätsraten aufwies. Im Sommer 1996 ereigneten sich beispielsweise gleich drei Beben mit einer Magnitude von 2.5 oder grösser. Auch 2011 wurde eine ähnliche Bebensequenz 2 km nordwestlich von Sierre beobachtet. Historische Analyse zeigen, dass solche Sequenzen im Wallis nichts Ungewöhnliches darstellen. In der Regel enden Schwarmaktivitäten nach einigen Wochen oder Monaten, in seltenen Fällen nehmen die Beben mit der Zeit an Stärke und Anzahl zu.

Spürbares Erdbeben bei Sierre

04.10.2017

Der Tsunamigefahr in der Schweiz auf der Spur

Tsunamis kommen nicht nur im Meer vor. In seltenen Fällen treten auch in (Schweizer) Seen grössere Flutwellen auf. Historische Berichte und Untersuchungen von Seesedimenten belegen, dass im Jahr 1601 eine lokal bis zu 8 Meter hohe Flutwelle den Vierwaldstädtersee durchquerte. Sie führte zu zahlreichen Überschwemmungen. Der Auslöser war ein Erdbeben im Kanton Nidwalden mit einer Magnitude von 5.9. Dessen Erschütterungen verursachten im Vierwaldstädtersee mehrere unterseeische Rutschungen sowie einen Bergsturz am Bürgenstock, die ihrerseits den Tsunami auslösten. Weitere Tsunamis sind für den Genfer-, den Brienzer und den Lauerzersee dokumentiert (siehe See-Tsunamis).

Festzustellen, welche Gefahren von diesen seltenen Ereignissen ausgehen, was es braucht, um Seetsunamis auszulösen, wie häufig sie bisher auftraten und welche Auswirkungen sie haben, ist das Untersuchungsziel eines kürzlich vom Schweizerischen Nationalfonds bewilligten Forschungsprojekts. Dazu planen die Wissenschaftler der ETH Zürich, der Universität Bern und des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften Bremen unter anderem neun Ozeanboden-Seismometern auf dem Grund des Vierwaldstädtersees anzubringen. Sie sind das Kernstück, um die Sedimente seismisch und geotechnisch zu vermessen. Entsprechende Gesuche wurden den Kantonen Luzern, Nidwalden und Schwyz unterbreitet. Die Wahl fiel auf den Vierwaldstädtersee, weil er einerseits in einem Gebiet mit vergleichsweise hoher Erdbebengefährdung liegt und anderseits aus vorangehenden Forschungsprojekten gute Kenntnisse über seinen Seegrund vorliegen.

Es ist vorgesehen, die Messgeräte während 22 Monaten an verschiedenen Standorten im See zu platzieren. Die dabei gesammelten seismischen Daten dienen in Kombination mit weiteren Messergebnissen dazu, den inneren Aufbau von Hanginstabilitäten zu charakterisieren, deren Rutschungsmechanik besser zu verstehen sowie die Entstehung und Ausbreitung von Tsunamiwellen zu modellieren. Eine solch umfassende Untersuchung von Gefahrenprozessen unter der Wasseroberfläche ist bisher einzigartig für die Schweiz und ihre Ergebnisse für ein besseres Verständnis solcher Prozesse weltweit zuträglich. Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf 2 Millionen CHF, wobei ein Grossteil des Geldes für die aufwendigen Messungen eingesetzt wird.

Der Tsunamigefahr in der Schweiz auf der Spur

25.09.2017

Mit GPS starke Erdbeben messen

GPS kennt jeder, wenn es darum geht, einen bestimmten Ort zu finden. Weniger geläufig ist, dass man mit GPS-Signalen auch grössere Erdbeben messen kann. In einer kürzlich im „Bulletin of the Seismological Society of America” veröffentlichten Studie unter Beteiligung des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich wiesen Forschende genau dies nach. In Ergänzung zu herkömmlichen seismischen Messungen unterstützen GPS-Daten die unmittelbare Überwachung von Erdbeben. Durch die Integration von GPS-Daten liessen sich genauere ShakeMaps erstellen, die eine wichtige Rolle in der Ereignisbewältigung spielen.

Üblicherweise werden Akzelerometer eingesetzt, um starke Erdbeben zu messen. Dabei handelt es sich um Sensoren, welche die Beschleunigung der Bodenbewegungen im hohen Frequenzbereich aufzeichnen (schnelle Bewegungen). Dies im Unterschied zu GPS-Instrumenten, welche den tieffrequenten Bereich abdecken (langsame Bewegungen). Permanente GPS-Stationen (GNSS) werden weltweit als Referenzpunkte für Vermessungen und Positionsbestimmungen eingesetzt. Sie erweitern durch ihre Messeigenschaften sowie aufgrund ihrer räumlichen Verteilung den möglichen Messbereich.

Um diesen auszuschöpfen, leuchtet die zuvor erwähnte Studie künftige Verbesserungen in der Datenverarbeitung aus. Derzeit lassen sich vergleichbare Resultate nur mit aufwändigen Berechnungen im Nachgang an ein Ereignis erzeugen. Eine weitere Optimierung bei der Aufzeichnung starker Erdbeben bestünde darin, die Häufigkeit der Messungen pro GPS-Station (Abtastrate) um einen Faktor von zwei bis fünf zu erhöhen. Die Einbindung von GPS-Daten stellt vorwiegend für die Aufzeichnung von Erdbeben mit Magnituden ab 5.8 in einem Radius von 10 Kilometern eine wertvolle Ergänzung zu herkömmlichen Messdaten dar. Ihre Einbindung in Ereignisprodukte wie beispielsweise ShakeMaps bietet sich daher vor allem in Gebieten mit hoher seismischen Gefährdung wie Japan an.

Abbildung: Messbereich von permanenten GPS-Stationen, um starke Erdbeben in Abhängigkeit von ihrer Grösse und Distanz von der Verwerfung aufzuzeichnen. Der blaue Bereich zeigt, was derzeit in Echtzeit möglich ist und der rote, was künftig ebenfalls in Echtzeit abgedeckt werden kann.
Clotaire Michel, Krisztina Kelevitz, Nicolas Houlié, Benjamin Edwards, Panagiotis Psimoulis, Zhenzhong Su, John Clinton, Domenico Giardini; The Potential of High‐Rate GPS for Strong Ground Motion Assessment. Bulletin of the Seismological Society of America ; 107 (4): 1849–1859. doi: https://doi.org/10.1785/0120160296
Mit GPS starke Erdbeben messen

14.09.2017

Mit SRF „Einstein“ im Epizentrum

Wenn das gesamte Mobiliar eines Wohnzimmers zu Bruch geht, sind auch gestandene Seismologen erschüttert. Beim geschilderten Erdbeben ist dank einer sorgfältigen Vorbereitung im Erdbebensimulator des CPPS nochmals alles gut ausgegangen, wie die SRF Sendung „Einstein“ zum Thema zeigt. Neben diesem erschütternden Erlebnis befasst sich die Sendung mit kurz- und längerfristigen Massnahmen, um die Auswirkungen von Erdbeben einzudämmen. Im Zentrum steht neben einer erdbebengerechten Bauweise die Erdbebenfrühwarnung. Ein solches Frühwarnsystem wird derzeit mit Unterstützung der DEZA vom Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Partnerorganisationen in Nicaragua aufgebaut.

12.09.2017

Vorbereitet, um das Innenleben von Mars zu erforschen

Der Start der InSight Mission ist für das Frühjahr 2018 vorgesehen. Sie wird nach sechsmonatiger Reise ein Seismometer auf dem Mars platzieren. Wissenschaftler der ETH Zürich aus der Gruppe Seismology and Geodynamics (SEG) und dem Schweizerischen Erdbebendienst (SED) beteiligen sich am Marsbebendienst, der die aufgezeichneten, seismischen Signale auswertet. Die gesammelten Daten helfen dabei, mehr über das Innenleben des Planeten zu erfahren.

Mit nur einem Seismometer ist dies aber keine leichte Aufgabe. Im Unterschied zur Erde, wo die Seismologen auf zahlreiche Stationen zurückgreifen können, um den Ursprung einer Erschütterung zu ermitteln, fehlt es auf dem Mars an Referenzpunkten. In Vorbereitung auf die Mission sind daher Wissenschaftler mit Erfahrung im Bereich Erdbebenlokalisierung- und charakterisierung eingeladen, ihr Wissen im Rahmen eines Tests einzubringen.

Weitere Informationen zum Test sind auf Englisch erhältlich.

Vorbereitet, um das Innenleben von Mars zu erforschen

08.09.2017

Erdbeben vor der Küste Mexikos

Am Freitag, 8. September 2017, um 6:49 Uhr (MEZ) hat sich im Pazifischen Ozean rund 70 km südwestlich der mexikanischen Küste (Region Chiapas) ein Erdbeben mit einer Magnitude von 8.1 ereignet. Laut dem amerikanischen Geologischen Institut (US Geological Survey) lag der Ursprung des Bebens in einer Tiefe von 70 km. Das Beben wurde in weiten Teilen Mexikos, Guatemalas, El Salvador, Belize und Honduras verspürt. Aufgrund der Stärke und der Tiefe des Bebens sowie der Distanz des Epizentrums zur Küste ist in den Küstengebieten Mexikos und Guatemalas mit grossen Schäden zu rechnen. Auch im Landesinnern Mexikos und Guatemalas sind verbreitet Schäden zu erwarten. Mexiko und andere zentralamerikanische Länder sind immer wieder von grossen Erdbeben betroffen. Im Umkreis von 250 km um das aktuelle Beben ereigneten sich in den letzten hundert Jahren acht weitere Beben mit einer Magnitude grösser als 7.0. Das letzte zerstörerische Beben in Mexiko ereignete sich im Jahr 1985 mit einer Magnitude von 8. Damals waren über 10‘000 Todesfälle zu beklagen.

Das Erdbeben vom Freitagmorgen löste auch eine Tsunamiwarnung aus. Die bisher gemessenen Tsunamiwellen an der Küste Mexikos betrugen bis zu einem Meter (www.tsunami.gov). Das schliesst jedoch nicht aus, dass es an Orten ohne Messinstrumente nicht noch grössere Wellen gegeben haben könnte.

An der Küste Mexikos schiebt sich die Cocos-Platte unter die nordamerikanische Platte. Diese relative Bewegung der beiden Platten führt zu grossen Spannungen, die sich immer wieder in Form von Erdbeben entladen. Das aktuelle Beben wird nach bisherigen Auswertungen als Abschiebung auf einer steil einfallenden Bruchfläche klassifiziert (USGS, https://earthquake.usgs.gov/). Zusammen mit der Tiefe des Bebens deutet dies darauf hin, dass das Beben nicht direkt auf der Grenze zwischen Cocos- und nordamerikanischer Platte lag, sondern in grösserer Tiefe innerhalb der Cocos-Platte verursacht wurde.

Das Erdbeben in Mexiko wurde auch in der Schweiz von den Messstationen des SED registriert. Dies führte dazu, dass für ein kleines Erdbeben bei Göschenen (UR) um 07:46 Uhr mit einer Magnitude von 1.6 zuerst eine Magnitude von 3.0 automatisch berechnet wurde. Kurz darauf wurde dieser Fehlalarm infolge der manuellen Auswertung auf eine Magnitude von 1.6 korrigiert. Für die zu hohe Einschätzung der automatischen Berechnung sind Wellen des Bebens in Mexiko verantwortlich, die auch eine Stunde nach dem Beben in Zentralamerika in der Schweiz immer noch registriert wurden. Dadurch wurden die zeitgleich registrierten Ausschläge des Bebens bei Göschenen als zu gross bestimmt.

Bild links: Intensitätskarte des Bebens in Mexiko mit einer Magnitude von 8.1 (USGS). An der Küste Mexikos erreichten die Erschütterungen eine maximale Intensität von VIII bis IX. Das Beben führte aber auch im Landesinnern von Mexiko und in Guatemala zu starken Erschütterungen. Bild rechts: Wellenformen des Magnitude 1.6 Göschenen Bebens überlagert von Oberflächenwellen des Magnitude 8.1 Mexiko-Bebens. Diese Überlagerung hat zu einer falschen automatischen Magnitudenbestimmung (Magnitude 3) für das Göschenen Beben geführt.
Erdbeben vor der Küste Mexikos

03.09.2017

Möglicher Nukleartest in Nordkorea

Seismometer weltweit haben am 3. September 2017 kurz nach 03:30 Uhr morgens (UTC) Signale aufgezeichnet, die auf eine starke Explosion in der Nähe des nordkoreanischen Atomtestgeländes hindeuten. Auch an der Station DAVOX des Schweizerischen Erdbebendienstes an der ETH Zürich sind die Signale deutlich zu sehen. Sie ist Teil des internationalen Überwachungssystems der CTBTO (Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization). Die CTBTO ist die Vertragsorganisation des Atomwaffenteststoppvertrags und betreibt ein weltweites Überwachungsnetz zur Detektion möglicher Atomtests.

Nach einer ersten vorläufigen Analyse hatte das Ereignis eine seismische Magnitude von 6.3 (Mb). Es ist damit um eine Magnitudenstufe stärker als der letzte Nukleartest von Nordkorea vom 9. September 2016. Ob es sich bei der aufgezeichneten Explosion tatsächlich um einen Nukleartest handelt und ob die Sprengung in diesem Fall mit einer Wasserstoffbombe oder einem konventionellen Nukleartest herbeigeführt wurde, lässt sich aus den seismischen Signalen nicht ermitteln.

Die Abbildung zeigt die Seismogramme der starken Explosion aufgezeichnet an der Station DAVOX.
Möglicher Nukleartest in Nordkorea

23.08.2017

Bergsturz am Pizzo Cengalo

Am 23. August 2017 um 9:30 Uhr Ortszeit kam es am Pizzo Cengalo im Grenzgebiet zwischen dem Bergell und Italien zu einem grossen Bergsturz. Das Ereignis dauerte rund eine Minute; die dabei aufgetretenen Erschütterungen wurden von Seismometern in der ganzen Schweiz aufgezeichnet. Die Ausschläge entsprachen etwa denen eines Erdbebens der Magnitude 3, waren allerdings weniger hochfrequent als bei einem solchen Erdbeben.

Das Ereignis ist von den lokalen und kantonalen Behörden erwartet worden. Es hat sich durch mehrere Felsstürze in den Jahren 2011, 2012 und 2016 angekündigt sowie durch ein Ereignis am 21. August 2017 um 11:29 Uhr Ortszeit (Magnitude 2.3). Bereits kurz nach dem grossen Felssturz vom Mittwochmorgen ist es um 11:36 Uhr bereits wieder zu einem grösserer Abbruch gekommen (Magnitude 2.1).

Durch Vergleiche der freigesetzten Energie mit jener des Bergsturzes vom 11. September 2016 muss für das grosse Ereignis von heute Morgen wohl von einem Volumen von mehr als 1 Mio. Kubikmeter ausgegangen werden.

Bild: Aufzeichnungen vom nächstliegenden Seismometer im Valle di Lei, etwa 26 km vom Ort des Bergsturzes entfernt. (Weitere Bilder sind verfügbar auf der Website von Radiotelevisione della Svizzera Italiana.)
Bergsturz am Pizzo Cengalo

08.08.2017

Verspürte Erdbeben bei Sion (VS)

In den letzten Tagen wurden südöstlich von Sion (VS) einige kleine Erdbeben registriert. Die Sequenz begann am Samstag, 5. August 2017 um 22:21 Uhr mit einem Erdbeben der Stärke 2.4, das sich ca. 2.5 km südöstlich der Stadt ereignete. Das Beben wurde in Sion und den umliegenden Gemeinden deutlich verspürt (etwa 270 Meldungen auf unserer Webseite). Ebenfalls deutlich verspürt (knapp 200 Meldungen) wurde ein Beben der Stärke 2.2 am Montag, 7. August, um 21:43 Uhr, welches in direkter Nähe zu dem Beben vom Samstag auftrat. Darüber hinaus wurden bis zum Dienstagmittag drei weitere, kleinere Beben detektiert, die ebenfalls dieser Sequenz zuzuordnen sind. Die Beben ereigneten sich alle in Tiefen von 5 bis 6 km. Viele Personen berichten von einem Donnern oder lauten Knall im Zusammenhang mit den beiden stärkeren Beben. Solche Geräusche können entstehen, wenn die Erdbebenwellen auf die Erdoberfläche treffen und dort Schallwellen anregen. Schäden sind bei Beben dieser Stärke nicht zu erwarten.

Dieser Erdbebenschwarm steht nicht im Zusammenhang mit dem Beben vom 2. Juni 2017 mit einer Stärke von 3.3, das sich auf einer Verwerfung ca. 6 km nordwestlich von Sion ereignete und das in der Region ebenfalls deutlich verspürt wurde (siehe Aktuellbeitrag vom 02.06.2017). 

Ein weiterer Erdbebenschwarm ist seit Juni 2015 auf einer Verwerfung 5 km nordöstlich von Sion aktiv. Dort kam es wiederholt zu deutlich spürbaren Beben mit Magnituden von bis zu 3.2 (siehe Aktuellbeiträge vom 19.11.2015 und 21.05.2016). Das bisher letzte verspürte Erdbeben dieser Sequenz mit einer Stärke von 2.1 wurde am 18.02.2017 registriert, die letzten detektierten Beben ereigneten sich Ende Juli.

Bebenschwärme dieser Art sind für die Region typisch. Üblicherweise klingt die Aktivität innerhalb einiger Tage bis Monate wieder ab. Allerdings ist das Wallis unter den Regionen mit der höchsten Erdbebengefährdung in der Schweiz. Grössere Beben (auch solche mit Schadenfolgen) können nie ausgeschlossen werden.

Verspürte Erdbeben bei Sion (VS)

08.08.2017

BergeBeben! Erdbebenausstellung in Vättis

Am 12. August 2017 öffnet die Ausstellung „BergeBeben! - Erdbeben und Gebirgsbildung“ in Vättis. Sie lädt ein, inmitten des UNESCO-Welterbes „Tektonikarena Sardona“ den Zusammenhang zwischen Alpenbildung und Erdbeben zu erkunden.

Neben lokalen Erdbeben sowie den Auswirkungen von möglichen, grösseren Beben in der Region beleuchtet die Ausstellung das Erdbebenland Schweiz insgesamt. Dafür werden Teile der Ausstellung „unvorherSehbar – Erdbeben in der Schweiz“, die der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich anlässlich seines 100-jährigen Bestehens erstellte, erneut der Bevölkerung zugänglich gemacht.

Die Ausstellung ist von April bis November von 8 bis 20 Uhr frei zugänglich. Führungen für Gruppen sowie Besuche zwischen Dezember und März sind auf Anfrage möglich. Auskünfte erteilt der Kur- und Verkehrsverein Vättis (081 306 11 76 / info@vaettis.ch).

BergeBeben! Erdbebenausstellung in Vättis

08.08.2017

Wann kommt das nächste Erdbeben?

Das wissen wir leider nicht, aber Daten helfen uns, diese Frage näherungsweise zu beantworten. Besuchen Sie uns vom 1. bis 3. September an der Scientifica zum Thema „Was Daten verraten“.

Nehmen Sie an unserer Erkundungstour teil und widmen Sie sich eigenständig der Frage nach dem nächsten Beben. Wir zeigen Ihnen, wie wir seismische Daten sammeln, auswerten und darstellen, beispielsweise in Form von Erdbebengefährdungskarten. Ihre persönliche Erdbebengeschichte können Sie mit Unterstützung von Madame und Monsieur Tremble entdecken. Darüber hinaus haben Sie Gelegenheit, die am häufigsten diskutierten „Erdbebenpropheten“ kennenzulernen.

Alleine in der Schweiz werden jährlich zwei- bis dreitausend Gigabyte seismischer Daten beim Schweizerischen Erdbebendienst an der ETH Zürich gesammelt, ausgewertet und archiviert. Aus diesen lassen sich bestimmte Muster herauslesen, die es ermöglichen, Aussagen über die Grössenverteilung und die räumliche Verteilung von Erdbeben zu machen. Diese Informationen dienen als Grundlage, um die Gefährdung abzuschätzen und die genauen Ursachen und Mechanismen von Erdbeben zu erforschen. Eine schnelle Auswertung von seismischen Daten ermöglicht es zudem, sogenannte Erdbebenfrühwarnsysteme zu betreiben. Erdbebenwellen breiten sich weniger rasch aus als elektromagnetische Wellen. Dies erlaubt, weiter entfernte Gebiete zu warnen, sobald einige seismische Stationen ein Beben in ihrer Nähe registriert haben.

Wann kommt das nächste Erdbeben?

21.07.2017

Starkes Erdbeben bei Bodrum (Türkei) und Kos (Griechenland)

Am Freitag, 21.07.2017 hat sich um 01:31 Uhr Ortszeit (00:31 Uhr MESZ) ein Erdbeben der Magnitude 6.7 ereignet. Das Epizentrum befand sich ca. 12 km südlich vom türkischen Ort Bodrum und ca. 12 km östlich vom Ort Kos auf der gleichnamigen griechischen Insel. Die Herdtiefe betrug ungefähr 10 km. Durch das Beben wurde auch ein kleiner Tsunami ausgelöst. Das Erdbeben wurde in weiten Teilen der türkischen Ägäis und der griechischen, südlichen Ägäis verspürt und führte auch zu Gebäudeschäden und Verletzten. Auf Kos wurden zwei Todesopfer gemeldet.

Nachbeben in der Umgebung des Epizentrums sind in den nächsten Tagen und Wochen mit Sicherheit zu erwarten, einige dieser Nachbeben werden deutlich spürbar sein oder  gar weitere Schäden anrichten. Im direkten Schadengebiet ist mit Beeinträchtigungen der Infrastruktur zu rechnen. Für offizielle Reisewarnungen ist das EDA zuständig. Personen, die planen in nächster Zeit in die betroffenen Gebiete zu reisen,  sollten sich bei konkreten Fragen an ihren Reiseveranstalter wenden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten Tagen oder Wochen zu einem weiteren, ähnlich starken oder gar noch grösseren Beben in der Region Kos/Bodrum kommt, ist sehr gering. Allerdings ist sie erfahrungsgemäss deutlich erhöht verglichen mit dem langjährigen Mittel.

Erdbeben der Stärke 6 und mehr sind in der gesamten Ägäis und den angrenzenden Gebieten im Prinzip überall und jederzeit möglich, die Region hat generell eine der höchsten seismischen Gefährdungen in Europa und im Mittelmeerraum.

Seit 1900 haben sich im Umkreis von ca. 150 km um das Epizentrum des aktuellen Bebens sieben Erdbeben mit Magnituden von grösser als 6.5 ereignet (Quelle: International Seismological Center). Das stärkste wies eine Magnitude von 7.5 auf und ereignete sich 1956 südlich der Insel Amargos (ca. 130 km westlich des aktuellen Bebens). 1926 ereignete sich ein Beben der Stärke 6.9 ca. 15 km westlich von Kos.

01.07.2017

Stark verspürtes Beben in der Nähe von Château d’Oex (VD)

Am Samstag, 1. Juli 2017 ereignete sich in der Nähe von Château d’Oex (VD) um 10:10 Uhr (Lokalzeit) in einer Tiefe von ungefähr 4 km ein Erdbeben der Magnitude 4.3. Es wurde im Epizentralgebiet weiträumig verspürt. Möglicherweise verursachte das Beben leichte Schäden in der Region. Das Beben wurde in den Kantonen Waadt, Freiburg, Wallis und Bern deutlich verspürt. Bis 12.30 Uhr haben mehr als 1‘300 Personen das Beben auf unserer Webseite gemeldet.

In dieser Region ist seit 2016 eine Zunahme der seismischen Aktivität zu beobachten. Bisher haben sich mehrere spürbare Beben mit Magnituden von bis zu 2.7 ereignet, das letzte Mal am 13. Mai. Das Beben von Samstag war deutlich stärker und hat bereits zahlreiche Nachbeben ausgelöst. Einige dieser Nachbeben, wie jenes um 11.29 Uhr (Magnitude 2.7), sind für die Bevölkerung ebenfalls spürbar. In den nächsten Tagen bis Monaten ist mit weiteren Nachbeben zu rechnen. Ein gleich starkes oder gar stärkeres Beben wie dasjenige von Samstag ist nicht auszuschliessen aber unwahrscheinlich.

Das Beben ereignete sich in einer ost-west-orientierten Abschiebung und unterliegt damit demselben Ausdehnungsmechanismus wie die Ereignisse in der Sequenz im Jahr 2016. Eine Breitband-Inversion des Momententensors zeigt ebenfalls, dass sich das Beben relativ nahe an der Oberfläche ereignete, eine Momentmagnitude (Mw) von 4.0 aufweist, und dass es sich um eine normale Verwerfung (Abschiebung) handelt. Die seismische Station SCOD in Château d'Oex zeichnete eine maximale Bodenbeschleunigung von 1.5m/s2 auf, was dem zweithöchsten je in der Schweiz gemessenen Wert entspricht.

Das grösste bekannte Beben in der Region ereignete sich im Jahr 1770 ebenfalls bei Château d'Oex. Es hatte eine geschätzte Magnitude von 5.2 und eine (aus dem Schadensbild geschätzte) Epizentralintensität von VI. Das Beben vom Samstag wies eine Epizentralintensität von V auf.

In der Schweiz ereignet sich im statistischen Durchschnitt jedes Jahr ein Beben mit einer Magnitude von 4 oder grösser. Das letzte vergleichbare Beben erschütterte anfangs März 2017 den Kanton Glarus. Es hatte eine Magnitude von 4.6 wurde aber noch weiträumiger verspürt als das Beben vom Samstag.

Die farbigen Quadrate in der Karte zeigen Ortschaften, in denen das Beben verspürt und gemeldet wurde. Hinterlegt ist die Karte mit den instrumentell gemessenen Intensitäten.

Stark verspürtes Beben in der Nähe von Château d’Oex (VD)

26.06.2017

Erdrutsch und Überschwemmung in Grönland

Am Abend des 17. Juni 2017 ereignete sich ein grosser Erdrutsch in ungefähr 20 km Entfernung des kleinen Fischerdorfes Nuugaatsiaq im Nordwesten Grönlands. Kurz darauf wurde ein grosser Teil des Dorfes überschwemmt und weitgehend zerstört – elf Häuser wurden ins Meer geschwemmt und vier Personen werden vermisst. Insgesamt wurden in der Region 200 Personen aus drei Dörfern evakuiert. Der Erdrutsch generierte seismische Energie, die um den ganzen Globus sichtbar war und alle Stationen des seismischen Netzwerk GLISN zum Erleuchten brachte. Dieses wurde im Rahmen einer  internationalen Kooperation über das letzte Jahrzehnt aufgebaut und bedeutend von der US National Science Foundation, dem Geological Survey of Denmark and Greenland, dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und acht weiteren internationalen Partnern finanziert.

Seismische Daten lieferten wichtige erste Erkenntnisse über den Erdrutsch. Eine Schlüsselrolle nahm dabei die Station NUUG ein, die im Dorf Nuugaatsiaq steht und eine von drei Stationen im Nordwesten Grönlands ist. Sie werden durch den Schweizerischen Erdbebendienst betrieben und vom SNF unterstützt. Diese Stationen verzeichneten nicht nur das Signal des Erdrutsches, sondern auch die Wellen, die das Dorf aufgrund der Seiche des Fjords überfluteten. Weitere Informationen zum Signal des Erdrutsches finden Sie hier.

Weitere Informationen über die seimische Überwachung von Gletschers, den Hauptzweck des seismischen Netzwerks in Grönland, finden sie hier.

Erdrutsch und Überschwemmung in Grönland

16.06.2017

Ein Erdbebenrisikomodell für die Schweiz

Welche Schäden könnten Erdbeben in der Schweiz anrichten? Diese wichtige Frage lässt sich derzeit nur ansatzweise beantworten. Dank des nationalen Erdbebengefährdungsmodells des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich ist zwar bekannt, wo und wie oft mit bestimmten Beben zu rechnen ist und wie starke Erschütterungen sie an einem Standort verursachen. Weitgehend unklar bleibt aber, welche Schäden Erdbeben an Gebäuden und Infrastrukturen anrichten könnten. Der Bundesrat beauftragte nun den SED in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS), diese Lücke zu füllen und bis im Jahr 2022 ein Erdbebenrisikomodell zu erstellen.

Basierend auf der Erdbebengefährdung berücksichtigt das Risikomodell den Einfluss des lokalen Untergrundes sowie die Verletzbarkeit und den Wert von Gebäuden und Infrastrukturen. Es ermöglicht künftig, kantonalen und nationalen Behörden verbesserte Risikoübersichten zu erstellen und darauf basierend ihre Planung zu optimieren. Neben der Prävention dient das Modell im Ereignisfall dazu, rasch abzuschätzen, wo welche Schäden zu erwarten sind. Die Erarbeitung des Modells wird mit Beiträgen des BAFU, des BABS und der ETH finanziert.

Das Massnahmenprogramm Erdbebenrisikomanagement für die Jahre 2017 bis 2020 sieht darüber hinaus folgende Aktivitäten im Bereich Erdbeben vor, die im Detail in der Medienmitteilung des Bundes beschrieben sind:

  • Die institutionalisierte Zusammenarbeit auf Bundesebene sicherstellen.
  • Die Erneuerung der nationalen Erdbebenmessnetze abschliessen.
  • Die Grundlagen zur Gefährdungsabschätzung und zu den Anforderungen an die Erdbebensicherheit verbessern.
  • Das Inventar zur Erdbebensicherheit der wichtigen Bundesbauten im In- und Ausland fertigstellen.
  • Die Qualität des Erdbebenschutzes bei Bauvorhaben der Bau- und Liegenschaftsorgane des Bundes sicherstellen.
  • Grundlagen und Kriterien für die Beurteilung und Behandlung von Anträgen der Kantone für Sonderfinanzhilfen des Bundes im Falle eines Erdbebens erarbeiten.
  • Ein Konzept für den Aufbau und den Betrieb einer Schadenorganisation in Zusammenarbeit mit den Versicherungen und den Kantonen erstellen.

Neben der Erstellung des Erdbebenrisikomodells ist der SED verantwortlich für die Erneuerung der nationalen Erdbebenmessnetze.

Ein Erdbebenrisikomodell für die Schweiz

14.06.2017

Beginn Öffnung Geothermiebohrloch in Basel

Das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt hat am 28. März 2017 in Absprache mit den Industriellen Werken Basel (IWB) beschlossen, gegen Ende Juni das Bohrloch wieder zu öffnen, welches im Rahmen des Geothermieprojekts „Deep Heat Mining“ im Jahr 2006 in Basel erstellt wurde. Der Schweizerische Erdbebendienst (SED) hat die seismologische Überwachung im Auftrag des Kantons Basel-Stadt und mit Unterstützung von IWB verstärkt. Neben der routinemässigen Überwachung der Seismizität führt der SED täglich eine hoch detaillierte Suche nach Erdbeben im bohrlochnahen Bereich durch und leitet die Ergebnisse automatisch dem Kanton und IWB weiter. Diese Erdbebenmeldungen sind die Grundlage des von IWB definierten Ampelsystems, das eine wichtige Massnahme zur Reduktion des Erdbebenrisikos darstellt. Alle detektierten Erdbeben werden umgehend auf der Seite „Erdbebenliste“ veröffentlicht.

Grund für die Öffnung ist ein Anstieg der Mikrobebenaktivität in unmittelbarer Nähe des Bohrlochs in den vergangenen Monaten. Eine umfangreiche, wissenschaftliche Untersuchung des SED hat ergeben, dass sich die erhöhte Erdbebenaktivität mit grosser Wahrscheinlichkeit durch das Öffnen des Bohrlochs langfristig erneut senken lässt.

Weitere Informationen zum Vorgehen beim Öffnen des Bohrlochs sind der Medienmitteilung des Kantons Basel-Stadt zu entnehmen.

Weitere Hintergrundinformationen zum Geothermieprojekt in Basel finden Sie hier.

Beginn Öffnung Geothermiebohrloch in Basel

06.06.2017

Leicht verspürtes Erdbeben bei Schwarzsee (FR)

Am Dienstag, 6. Juni 2017 ereignete sich um 09:18 Uhr (Lokalzeit) in der Nähe von Schwarzsee (FR) ein leichtes Erdbeben mit einer Magnitude von 3.3. Die Einwohner der Gemeinden in einem Umkreis von rund 30 km können das Beben verspürt haben. Auch in den Städten Bern und Fribourg wurde das Beben vereinzelt verspürt. Innerhalb der ersten Stunde nach dem Beben sind von mehr als fünfzig Personen entsprechende Meldungen auf unserer Webseite eingegangen. Schäden sind bei einem Beben dieser Stärke nicht zu erwarten.

Das Erdbeben steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Fribourger Verwerfungszone, einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Scherzone, die sich in den Erdbebenkarten als 20-30 km lange, lineare Struktur abzeichnet. Das aktuelle Erdbeben ist Teil dieser linearen Struktur. Im Jahr 1999 ereignete sich ein Erdbeben der Magnitude 4.3 (ML) auf dieser Verwerfungszone, dessen Herdtiefe in nur 2 km Tiefe und somit in den Sedimentgesteinen des Schweizer Molasse Beckens lag (Kastrup et al. 2007).

In der Schweiz ereignen sich jedes Jahr einige Beben mit einer Magnitude grösser als 3. Stärkere Beben mit einer Magnitude von ungefähr 5, die möglicherweise Schäden verursachen, sind nur alle 8 bis 15 Jahre zu erwarten.

Leicht verspürtes Erdbeben bei Schwarzsee (FR)

02.06.2017

Verspürtes Erdbeben bei Sion (VS)

Am Freitag, den 2. Juni 2017 ereignete sich um 21:05 Uhr (Lokalzeit) in der Nähe von Sion (VS) ein leichtes Erdbeben mit einer Magnitude von 3.3. Die Einwohner der Stadt Sitten und der umliegenden Gemeinden haben die Erschütterungen deutlich verspürt. Auch in angrenzenden Gebieten der Kantone Bern und Waadt ist das Beben bis in eine Distanz von rund 50 km vereinzelt verspürt worden. Von rund 400 Personen sind entsprechende Meldungen auf unserer Webseite eingegangen. Schäden sind bei einem Beben dieser Stärke nicht zu erwarten. Das letzte Beben mit dieser Stärke in der Region Sion ereignete sich vor gut einem Jahr. Allerdings gab es an der dort aktiven Verwerfung seither Dutzende von Beben unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsgrenze. Im gesamten Wallis ereignen sich durchschnittlich etwas mehr als 200 Beben pro Jahr.

Verspürtes Erdbeben bei Sion (VS)

21.04.2017

Induzierte Seismizität erforschen

Die erfolgreiche Nutzung von Ressourcen tief in der Erde ist anspruchsvoll. Sie gelingt nur, wenn mehrere Faktoren zusammenspielen. Eine derzeit viel diskutierte Problematik sind die Erdbeben, die durch Eingriffe des Menschen im Untergrund ausgelöst werden können. Im März tauschten sich auf der Schatzalp in Davos über 150 internationale Forschende zum Stand des Wissens im Bereich induzierter Seismizität aus. Der Schatzalp Workshop wurde bereits zum zweiten Mal vom Schweizerischen Erdbebendienst ausgerichtet. Hier finden Sie alle im Rahmen des Workshops präsentierten Poster und Referate.

Welche Herausforderungen sich aktuell bei der Überwachung und dem Umgang mit induzierter Seismizität stellen, thematisiert unter andren eine kürzlich veröffentliche Übersichtsstudie: Sie zeigt auf, dass eine seismische Echtzeitüberwachung der Aktivitäten im Untergrund vielerorts noch nicht zum Standard gehört. Dies erschwert es, zeitnah einzugreifen und vorbeugende Massnahmen zu treffen. Darüber hinaus fehlt es an länderübergreifenden Regelwerken oder standardisierten Anforderungen, was vorwiegend bei grenznahen Projekten zu Schwierigkeiten führt.

Induzierte Seismizität erforschen

29.03.2017

Öffnung Geothermiebohrloch in Basel

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Das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt hat am 28. März 2017 in Absprache mit  den Industriellen Werken Basel (IWB) beschlossen, in den kommenden Wochen das Bohrloch wieder zu öffnen, welches im Rahmen des Geothermieprojekts „Deep Heat Mining“ im Jahr 2006 in Basel erstellt wurde. Grund dafür ist ein Anstieg der Mikrobebenaktivität in unmittelbarer Nähe des Bohrlochs in den vergangenen Monaten. Eine umfangreiche, wissenschaftliche Untersuchung des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich hat ergeben, dass sich die erhöhte Erdbebenaktivität mit grosser Wahrscheinlichkeit durch das Öffnen des Bohrlochs langfristig erneut senken lässt.

Das im Jahr 2006 lancierte Geothermieprojekt in Basel strebte an, in einer Tiefe von 4'000 bis 5'000 Metern ein künstliches Risssystem im Gestein zu erzeugen und als geothermisches Reservoir zur Energiegewinnung zu nutzen. Zu diesem Zweck wurde unter hohem Druck kaltes Wasser in den Untergrund gepresst. Im Zuge dieses Prozesses ereigneten sich zahlreiche Mikroerdbeben, einige spürbare sowie ein Beben mit einer Magnitude von Magnitude 3.4 (ML), das kleinere Schäden an Gebäuden anrichtete. Die Projektarbeiten wurden daraufhin unterbrochen und im Jahr 2009 nach einer umfassenden Risikoanalyse ganz eingestellt. Das Bohrloch wurde im Dezember 2006 aufgrund der erhöhten Seismizität geöffnet und im April 2011 wieder verschlossen.

Die Erdbebenaktivität in der Umgebung des Bohrlochs wird seit Projektbeginn mit einem seismischen Netzwerk überwacht. Aus den gesammelten Daten lässt sich ablesen, dass die Erdbebenaktivität im stimulierten Bereich seit dem Projektende im Jahr 2006 erst mehr oder weniger stetig abgenommen hat. Etwa ein Jahr nach dem Verschluss des Bohrlochs im April 2011 und speziell seit der zweiten Hälfte des Jahres 2016 ist die Erdbebenaktivität in der unmittelbaren Nähe des Bohrloches erneut deutlich angestiegen. Dabei traten die Mikrobeben typischerweise schwarmartig auf, das heisst, Phasen von erhöhter Aktivität während einiger Wochen waren gefolgt von ruhigeren Perioden. Bisher wurde keines dieser Beben von der Bevölkerung verspürt.

Neben der seismischen Aktivität hat sich in den letzten Monaten auch die räumliche Ausbreitung der Beben verändert: Die jüngsten Beben ereigneten sich am südlichen und nördlichen Rand der bisher betroffenen Fläche und deuten auf eine Ausdehnung des erzeugten Risssystems hin. Messungen zeigen zudem, dass der hydraulische Druck im Reservoir (Porendruck) seit dem Verschluss des Bohrlochs kontinuierlich angestiegen ist. Eine detaillierte Analyse der seismischen Daten sowie die Modellierung des Zusammenhangs zwischen Erdbeben und steigendem Porendruck haben ergeben, dass bereits geringe Druckanstiege im Reservoir ausreichen, um die Seismizität merklich zu erhöhen.

Die Analysen des SED legen dar, dass ohne druckreduzierende Massnahmen ein leicht spürbares Beben mit einer Magnitude von 2 innerhalb der nächsten zwölf Monate durchaus möglich ist. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt zwischen 55 und 85 Prozent. Für ein ähnlich starkes Beben wie 2006 mit einer Magnitude von 3.4 liegt die Wahrscheinlichkeit aktuell bei ungefähr fünf Prozent. Basierend auf seinen Modellierungen und ausgehend vom beobachteten Rückgang der Seismizität zwischen 2007 und 2011 erwartet der SED, dass sich die durchschnittliche Erdbebenrate durch das abermalige Öffnen des Bohrloches über die nächsten ein bis zwei Jahre um 50 bis 90 Prozent reduzieren lässt.

In den letzten zehn Jahren hat der SED im Bereich Tiefengeothermie Projektbetreiber und insbesondere kantonale Behörden auf Anfrage beraten und unterstützt (z. B. Kantone Basel-Stadt, Jura, Waadt, Thurgau und Stadt St. Gallen). Der Fokus lag dabei auf den seismologischen Aspekten der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), der seismischen Überwachung und der Überprüfung von Betriebs- und seismischen Sicherheitskonzepten.

Weiterführende Informationen

Hintergrundbericht „Induzierte Erdbeben im Bereich des Geothermieprojekts in Basel“

Medienmitteilung des Kantons Basel-Stadt zur Öffnung des Bohrlochs

Geothermieprojekt Basel – Informationen des SED zum Projekt

Erdbeben und Geothermie – die wichtigsten Zusammenhänge kurz erläutert

20.03.2017

Zwei spürbare Erdbeben bei Vallorcine (F)

Am Montag, dem 20. März 2017, ereigneten sich zwei Erdbeben bei Vallorcine (F) nahe der Schweizer Grenze, die im Epizentralgebiet sowie im Unterwallis im Raum Martigny-Monthey verbreitet verspürt wurden. Das erste Erdbeben mit einer Magnitude von 3.3 ereignete sich um 1:31 Uhr. Ein zweites Erdbeben mit einer Magnitude von 3.0 folgte am Abend um 22:09 Uhr. Die Epizentren der beiden Beben liegen einige hundert Meter voneinander entfernt. Schäden sind bei Erdbeben dieser Stärke nicht zu erwarten. In der Region von Vallorcine ereigneten sich seit einem Beben mit einer Magnitude von 4.9 am 8. September 2005 ein weiteres Dutzend spürbare Beben.

Zwei spürbare Erdbeben bei Vallorcine (F)

06.03.2017

Hintergrundinformationen zum Beben vom 6. März mit einer Magnitude von 4.6 auf dem Urnerboden

Am 6. März um 21:12 Uhr ereignete sich ein Erdbeben mit einer Magnitude von 4.6 (Lokalmagnitude ML). Das Epizentrum des Bebens liegt etwa 3 km nordöstlich des Dorfes Urnerboden im Grenzgebiet von Uri, Schwyz, und Glarus. Die Herdtiefe wurde bisher auf rund 5 km bestimmt. Vor dem Hauptbeben gab es mehrere Vorbeben mit Magnituden zwischen 0.2 und 2.2 (ML). In den ersten 12 Stunden nach dem Beben hat der SED etwa 25 Nachbeben mit Magnituden zwischen 0.5 und 2.9 (ML) registriert. In den nächsten Stunden und Tagen sind weitere Nachbeben zu erwarten, die unter Umständen auch verspürt werden können. Beben mit einer ähnlichen oder gar grösseren Magnitude sind zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen.

Das Erdbeben wurde von den meisten Bewohnern in der Innerschweiz und dem Glarnerland deutlich verspürt. Beim SED gingen darüber hinaus Meldungen aus einem Gebiet mit rund 200 km Durchmesser ein: Die inzwischen über 5‘000 Verspürtmeldungen kommen aus dem ganzen Tessin sowie den Kantonen Bern, Aargau, Basel, Zürich und Graubünden bis etwa Chur. Das grosse Publikumsinteresse war auch an bis zu einer halben Million Webzugriffen pro Minute abzulesen. Dieser starke Andrang führte dazu, dass die Webseite des Erdbebendienstes in den ersten 40 Minuten nach dem Beben zeitweise nicht verfügbar war und auch danach teilweise nur mit Verzögerung.

Das Epizentrum liegt im Gebiet der Helvetischen Decken. Die vorläufige Tiefenbestimmung lässt auf einen Herd in der Grenzzone zwischen der Sedimentdecke und dem kristallinen Grundgebirge schliessen. Die erste Bestimmung des Momententensors zeigt eine Momentenmagnitude (MW) von 4.1 und einen Mechanismus, der einer Blattverschiebung in NNW-SSE oder WSW-ENE-Richtung entspricht, wie man es auch von anderen Beben in dieser Region kennt. Diese Mechanismen weisen im Gebiet der Helvetischen Decken auf eine Kompression der Erdkruste in Nordwest-Südost-Richtung hin. Das Erdbeben von Montagnacht ereignete sich in der Nähe des Bebens vom 5. Mai 2003 (Magnitude 4 ML). Die Tiefe und der Herdmechanismus dieses Bebens waren sehr ähnlich und lassen vermuten, dass beide Beben auf derselben Verwerfung stattfanden.

Generell sind die tektonischen Spannungen in den Alpen das Ergebnis der Kollision zwischen der Europäischen und der Afrikanischen Kontinentalplatten. Durch die komplexe Tektonik und die Geschichte der Alpinen Kollisionszone variiert das tektonische Verhalten entlang des Alpenbogens aber stark.

Die höchsten während des Bebens gemessenen Bodenbeschleunigungen stammen von einem Seismometer in Linthal (GL) und erreichten 85 cm/s2. Statistisch werden Erdbeben dieser Stärke in der Schweiz einmal etwa alle fünf Jahre erwartet. Das letzte Erdbeben mit einer vergleichbaren Magnitude fand am 8. September 2005 in Vallorcine (F) (4.9 ML), nahe der Schweizer Grenze bei Martigny (VS) statt. Es wurde vor allem im Wallis stark verspürt.

Am Dienstag, 7. März, hat der SED zwei zusätzliche mobile Seismometerstationen auf dem Urnerboden und in Bisisthal aufgestellt. Diese werden dabei helfen, die Nachbebensequenz und damit die Eigenschaften der aktivierten Verwerfung detaillierter zu untersuchen.

Das Beben im Fernsehen

SRF Tagesschau

TalkTäglich TeleZürich

Tele1

Tele Ostschweiz

Hintergrundinformationen zum Beben vom 6. März mit einer Magnitude von 4.6 auf dem Urnerboden
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06.03.2017

Deutlich spürbares Erdbeben in der Zentralschweiz

Ein stärkeres Erdbeben hat am Montagabend um 21.12 Uhr die Zentralschweiz erschüttert. Das Epizentrum des Bebens lag nahe des Ortstocks ungefähr 4 km westlich von Linthal (GL) und hatte eine Magnitude von 4.6 auf der Richterskala. Das Beben ereignete sich in einer Tiefe von 5 km. Das Beben wurde in der gesamten Zentralschweiz deutlich verspürt. Beim Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich gingen zudem zahlreiche Meldungen aus den Kantonen Bern, Aargau, Zürich und Graubünden ein. Dies ist auch der Grund, weshalb die Webseite des SED teilweise nur schwer erreichbar war.

Kleinere Schäden sind in der Nähe des Epizentrums bei einem Beben dieser Stärke möglich; entsprechende Meldungen sind beim SED bisher aber keine eingegangen. In den ersten zwei Stunden nach dem Beben wurden rund ein Dutzend Nachbeben gemessen. Eines davon war stark genug, dass es in der Nähe des Epizentrums spürbar war. Nach einem Beben dieser Stärke sind in den nächsten Stunden und Tagen weitere Nachbeben zu erwarten, die unter Umständen auch verspürt werden können. Beben mit einer ähnlichen oder gar grösser Magnitude sind zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen. 

Ein Beben dieser Stärke tritt in der Schweiz im Schnitt alle paar Jahre einmal auf. Das letzte Beben mit einer vergleichbaren Stärke ereignete sich am 8. September 2005 bei Vallorcine (F) nahe der Schweizer Grenze. Es wurde vor allem im Wallis stark verspürt.

Deutlich spürbares Erdbeben in der Zentralschweiz

03.02.2017

Erdbeben in der Schweiz im Jahr 2016: ein Rückblick

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Mit 31 Erdbeben mit Magnituden von 2.5 oder mehr haben sich im Jahr 2016 überdurchschnittlich viele spürbare Erdbeben in der Schweiz und im grenznahen Ausland ereignet. Dies widerspiegelt sich auch in der Gesamtzahl der vom Schweizerischen Erdbebendienst an der ETH Zürich registrierten Beben: Sie liegt mit rund 880 etwas über dem Durchschnitt vergangener Jahre.

Insbesondere im Oktober erschütterten zahlreiche Erdbeben die Schweiz. Dazu gehört das stärkste Beben des Jahres 2016, welches sich am 24. Oktober bei Leukerbad im Wallis ereignete. Mit einer Magnitude von 4.1 war es in grossen Teilen der Schweiz zu spüren. Ein Beben dieser Stärke kommt in der Regel alle ein bis drei Jahre vor. Das letzte vergleichbare Ereignis hat sich 2013 bei Sargans zugetragen. Weitere von der Bevölkerung teils deutlich wahrgenommene Erdbeben im selben Monat ereigneten sich nahe Juf im Kanton Graubünden am 7. Oktober (Magnitude 3.9) und im Grenzgebiet zu Frankreich, westlich von Vallorcine am 1. Oktober (Magnitude 3.4).

Ebenfalls von zahlreichen Personen verspürt wurden das Beben südwestlich von Saint-Gingolph am Ufer des Genfersees am 22. Dezember (Magnitude 3.4) sowie ein schwächeres (Magnitude 2.2), das sich am 20. August in geringer Tiefe unter dem Stadtzentrum von Solothurn ereignete. Von wenigen Personen in der Schweiz wahrgenommen wurden zudem einige Ereignisse der Serie von schweren Erdbeben in Zentralitalien, die bisher über 300 Opfer forderte. In der Schweiz treten vergleichbar starke Beben durchschnittlich alle 50 bis 150 Jahre auf.

Mit 31 liegt die Anzahl der Beben mit Magnituden von 2.5 oder mehr deutlich über dem langjährigen Mittel der letzten 41 Jahre. Im Durchschnitt ereignen sich in der Schweiz 23 solche möglicherweise spürbaren Erdbeben pro Jahr. Insgesamt wurden 2016 in der Schweiz und im nahen Ausland rund 880 Ereignisse aufzeichnet. Schwankungen im langjährigen Mittel der Erdbebenhäufigkeiten sind normal und erlauben keine Aussage über die künftige Seismizität in der Schweiz. Die Erdbebenaktivität konzentrierte sich 2016 wie in anderen Jahren vor allem auf das Wallis, den Kanton Graubünden und das Gebiet entlang des Nordrands der Alpen.

Wie in vergangenen Jahren wurden 2016 mehrere Erdbebenschwärme aufgezeichnet. Eine der aktivsten Sequenzen trat nordöstlich von Sion mit drei deutlich verspürten Beben im Mai, Juni und November auf. Insgesamt wurden mehr als 80 Ereignisse registriert. Das grösste Beben am 24. Juni erreichte eine Magnitude von 3.2. Im selben Gebiet war bereits im Jahr 2015 ein Erdbebenschwarm aktiv. Beide Schwärme stehen vermutlich im Zusammenhang mit einer Verwerfung am Nordrand des Rhonetals. Darüber hinaus registrierte der Erdbebendienst im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet nordöstlich von Thayngen eine Sequenz von mehr als 50, teilweise leicht verspürten Beben. Erdbebenschwärme sind üblicherweise durch das Fehlen eines ausgeprägten Hauptbebens gekennzeichnet. Das stärkste Beben tritt oft erst in der Mitte oder gegen Ende der Bebensequenz auf. Erdbebenschwärme können sich über einen Zeitraum von wenigen Stunden bis zu mehreren Monaten oder sogar Jahren erstrecken.

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Karte "Erdbeben in der Schweiz 2016" herunterladen

22.01.2017

Kein Erdbeben bei Samnaun: wie Fehlalarme entstehen

Am Sonntag, 22. Januar 2017 meldete der Schweizerische Erdbebendienst, basierend auf der vollautomatischen Datenauswertung, fälschlicherweise ein Erdbeben der Magnitude 3.3, das um 5:48 Uhr morgens bei Samnaun (GR) stattgefunden haben soll. Bei der anschliessenden, routinemässigen Kontrolle durch eine Seismologin stellte sich rasch heraus, dass der Algorithmus, welcher Beben automatisch erkennen und lokalisieren soll, etwas durcheinander gebracht hat! Die seismischen Wellen eines sehr grossen und tiefen Bebens in Papua-Neuguinea wurden für ein Beben in der Schweiz gehalten. Die Erdbebenmeldung wurde schnell korrigiert, und den Medien und Behörden als Fehlalarm gemeldet. Solche Fehler der Automatik kommen in allen seismischen Netzwerken alle paar Jahre einmal vor. Leider lassen sich solche Fehlalarme nicht gänzlich vermeiden. Weshalb haben wird nachfolgend erklärt:

Erdbeben ereignen sich ohne Vorwarnung und ihre Wellen breiten sich mit einer Geschwindigkeit von einigen Kilometern pro Sekunde aus. Ein grösseres, lokales Erdbeben wird somit innerhalb von 30 bis 40 Sekunden in der gesamten Schweiz verspürt und schafft Verunsicherung: Was war das, wie stark und wo haben sich die Erschütterungen ereignet? -Um diese Information innert Sekunden bereit stellen zu können scannen unsere Computer kontinuierlich die Daten von mehr als 150 Seismometern, die über die ganze Schweiz verteilt die Bodenbewegungen aufzeichnen. Da es an einer Station oft „schüttelt“, z. B. wenn ein Lastwagen vorbeifährt, verlangt der Algorithmus, dass an mehreren Stationen „gleichzeitig“ (also innerhalb von wenigen Sekunden) ein deutlicher Anstieg über das sogenannte Signal-zu-Rausch Verhältnis detektiert wird. Erst dann vermutet der Computer ein Erdbeben und bestimmt mittels einer Art Kreuzpeilung den Ort und mit dem gemessenen Ausschlag des Signals die Magnitude. Das funktioniert in 99.9 Prozent der Fälle reibungslos und ermöglicht es uns, innerhalb von einer Minute per E-Mail, Twitter und Internet zu informieren.  

Manchmal geht aber auch etwas schief: Im heutigen Fall war es ein Beben in Papua-Neuguinea, das unsere Computer verwirrte. Um 5.30 Uhr in der Früh brach in einer Tiefe von mehr als 130 km die Erde entlang einer Bruchfläche von ca. 100 bis 150 km Länge. Es handelt sich dabei um ein grosses Beben mit einer Magnitude von 7.9. Da es sich weit im Untergrund ereignete, sind hoffentlich keine Menschen zu Schaden gekommen. Die Erdbebenwellen breiteten sich durch die ganze Erde aus und nach ca. 18 Minuten erreichten sie auch die Schweiz (schauen Sie dieses kurze Video). Die ersten Wellen treffen fast senkrecht von unten auf die Schweiz und werden deshalb an allen Stationen beinahe gleichzeitig erfasst. Unsere Computer detektieren richtigerweise ein Erdbeben, meinen aber, es läge 60 km tief unter dem Engadin. Die Qualität der Lokalisierung wurde von der Software als nicht besonders gut eingestuft, sie war aber gerade noch ausreichend, um unseren vorgeschrieben Grenzwert für eine Veröffentlichung der Meldung zu erreichen. Die Magnitude wird glücklicherweise viel kleiner eingeschätzt, denn die Energie der Wellen hat sich auf ihren langen Weg von Papua-Neuguinea bis hin zur Schweiz schon stark abgeschwächt. Und so wird die Meldung eines Schweizer Bebens in die Welt verschickt - wenn auch mit der Warnung, dass es sich um eine automatische, nicht von einem Seismologen überprüfte Lokalisierung handelt.

Wir könnten das Risiko solcher Fehlalarme weiter verringern, aber nicht ohne Nebenwirkung. Striktere automatische Qualitätskriterien würden helfen, aber damit steigt auch das Risiko, ein Erdbeben zu verpassen und nicht zu melden (was für uns mindestens so schlimm ist wie ein Fehlalarm). Wir könnten alle Beben erst von einem Seismologen überprüfen lassen, aber das würde mindesten 20 bis 30 Minuten beanspruchen, eine lange Zeit im Zeitalter der online Medien. Deshalb bleibt uns Seismologen, wenn dann doch einmal etwas schiefgeht, nur übrig, uns zu entschuldigen (was wir hiermit noch einmal tun möchten), stetig die Algorithmen unserer automatischen Meldungen zu verfeinern, und zu guter Letzt der doch auch beruhigende Gedanke: Computer können (noch?) nicht alles besser als Menschen!

Kein Erdbeben bei Samnaun: wie Fehlalarme entstehen