Tektonisches Umfeld und natürliche lokale Seismizität

Die Gemeinde Haute-Sorne liegt im Delsberger Becken, wo der südliche Ausläufer des Oberrheingrabens auf den nördlichen Faltenjura trifft. Das Juragebirge ist ein typischer Falten- und Überschiebungskette, die im späten Miozän und frühen Pliozän im Zuge der alpinen Gebirgsbildung entstanden ist. Das Delsberger Becken ist eine Jura-Synklinale, gefüllt mit einer Sedimentabfolge, die den nördlichen Rand der Molasse bildet, die so genannte Juramolasse. Diese Sedimentabfolge bedeckte im Oligomiozän einst einen bedeutenden Teil der heutigen Jurakette. Heute sind nur noch wenige Reste der Juramolasse in den Jura-Synklinalen erhalten, der grösste davon im Delsberger Becken.

Das westliche Becken ist von drei Antiklinalen umgeben: Vorbourg im Norden, Vellerat im Süden und Caquerelle im Westen. Die nordnordöstliche Ausrichtung der Caquerelle-Antiklinale deutet auf das Vorhandensein einer vererbten Normalverwerfung im kristallinen Grundgebirge hin, die sich während der intrakontinentalen Rifting-Phase im Paläogen, lange vor der Entstehung der Alpen, entwickelt hat (Laubscher 1963). Das Becken selbst wird durch zwei nordnordöstlich gerichtete Querverwerfungen in drei Abschnitte geteilt: die Develier-Verwerfung im Westen und die Vicques-Verwerfung im Osten (Suter, 1978).

Im Vergleich zu anderen Teilen der Schweiz weist die Region um Haute-Sorne eine mittlere seismische Gefährdung auf. Das Erdbebenrisiko wird im Delsberger Becken durch das Vorhandensein von überwiegend weichen Böden verstärkt. Das stärkste Erdbeben, das sich in den letzten 100 Jahren im Kanton ereignet hat, ist das Beben der Magnitude 4.3 bei Réclère, das im März 2023 die Ajoie erschütterte. Dieses Beben und die dazugehörige Sequenz ereigneten sich etwa 23 Kilometer vom Standort des Geothermieprojekts entfernt. Blickt man geschichtlich weiter zurück, ist das Beben der Magnitude 4.7 zu erwähnen, das die Region Sundgau (Altkirch, F) 1784 erschütterte. Das zerstörerischste Ereignis für die Region des Kantons Jura war jedoch das Erdbeben der Magnitude 6.6, das sich 1356 in der Nähe von Basel ereignete. Im statistischen Mittel ist in einem Radius von 30 km um das Projekt Haute-Sorne, welcher das Kantonsgebiet umfasst, alle 2’300 Jahre mit einem Erdbeben der Magnitude 6.0 zu rechnen. Für die Magnituden 5.0 und 4.0 betragen diese Wiederkehrperioden 325 Jahre bzw. 45 Jahre.

Tektonische Karte des Delsberger-Beckens, in dem das Haute-Sorne-Projekt (HS) liegt. © «swisstopo (2024): Tectonic Map of Switzerland 1:500000. – Federal Office of Topography swisstopo, Wabern.»


Erdbeben von 1975 - 2024 in der Region

Lanza, F., Diehl, T., Deichmann, N., Kraft, T., Nussbaum, C. Schefer, S., Wiemer, S. (2022). The Saint-Ursanne earthquakes of 2000 revisited: evidence for active shallow thrustfaulting in the Jura foldandhrust belt. Schweizerische Zeitschrift für Geowissenschaften, 115(2) doi.org/10.1186/s00015-021-00400-x.

Laubscher, H. P. (1963). Geologischer Atlas der Schweiz, Atlasblatt 40, 1085 St. Ursanne-Erläuterungen Basel: Schweizerische Geotechnische Kommission. Bundesamt für Landestopografie (swisstopo). 

Rabin, M., Sue, C., Walpersdorf, A., Sakic, P., Albaric, J., & Fores, B. (2018). Heutige Deformationen des Jurabogens, abgeleitet aus GPS-Vermessungen und Erdbebenfokusmechanismen. Tectonics, 37, 3782-3804. doi.org/10.1029/2018TC005047.

Suter, M. (1978), Geologische Interpretation eines reflexionsseismischen W-E-Profils durch das Delsberger Becken (Faltenjura). Eclogae geol. Helv., 71(2), 267-275.