Archiv Aktuelles 2020

22.12.2020

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr

17.12.2020

Im Tessin verspürtes Beben bei Mailand

Am Donnerstag, dem 17. Dezember 2020, hat sich um 16:59 Uhr (Lokalzeit) etwa 5 km nordwestlich vom Stadtzentrum von Mailand (I) in einer Tiefe von ungefähr 55 km ein Erdbeben der Magnitude 3.9 ereignet. Bei einem Erdbeben dieser Stärke in dieser Entfernung sind in der Regel keine Schäden in der Schweiz zu erwarten.

Aufgrund der recht grossen Tiefe wurden die Erschütterungen im ganzen Tessin deutlich wahrgenommen. Am Schweizerischen Erdbebendienst an der ETH Zürich gingen in den ersten 30 Minuten nach dem Beben ca. 140 Verspürtmeldungen ein.

Auch wenn Erdbeben unter der Po-Ebene nicht unüblich sind, und auch derart tiefe Beben aus der Vergangenheit bekannt sind, wurden in den letzten 20 Jahren keine Beben mit Magnitude 3 oder grösser im weiteren Agglomerationsgebiet von Mailand aufgezeichnet.

11.12.2020

Eidgenössisches Massnahmenprogramm zur Erdbebenvorsorge feiert 20-jähriges Bestehen

Vor genau 20 Jahren hat der Bundesrat das eidgenössische Massnahmenprogramm zur Erdbebenvorsorge beschlossen, weil Erdbeben trotz ihres grossen Schadenpotenzials in der Schweiz häufig unterschätzt werden. Unter der Leitung der Koordinationsstelle für Erdbebenvorsorge des Bundes, angesiedelt beim Bundesamt für Umwelt, wird das Massnahmenprogramm seither stets weiterentwickelt und im Kompetenzbereich des Bundes umgesetzt. Als Fachstelle des Bundes für Erdbeben hat der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, ein integrales Erdbebenrisikomanagement in der Schweiz zu etablieren.

Ein wichtiger Bestandteil des Risikomanagements, der in den vergangenen 20 Jahren dank des Massnahmenprogramms umgesetzt werden konnte, ist die Erweiterung und Modernisierung des nationalen seismischen Netzwerks. Es besteht heute aus über 200 seismischen Messstationen und ermöglicht, die Erdbebenaktivität in der Schweiz sowie im benachbarten Ausland umfassend und in Echtzeit aufzuzeichnen. Dies trägt nicht nur dazu bei, Behörden, Bevölkerung und die Medien im Ereignisfall rasch informieren zu können, sondern ermöglicht auch immer bessere Abschätzungen der Erdbebengefährdung. Laufend aktualisierte und dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Erdbebengefährdungsmodelle leisten einen wichtigen Beitrag, um die Erdbebenvorsorge in der Schweiz weiter zu verbessern.

Der Bund möchte die Erdbebenvorsorge weiterhin stärken: Der Bundesrat hat daher an seiner Sitzung vom 11. Dezember 2020 das eidgenössische Massnahmenprogramm 2021 bis 2024 verabschiedet. In den kommenden vier Jahren sollen unter anderem die vorsorgliche Planung im Falle eines Erdbebens und die Qualitätssicherung beim erdbebengerechten Bauen intensiviert werden. Über die Erdbebengefährdung in der Schweiz ist mittlerweile umfassendes Wissen vorhanden und für die Öffentlichkeit zugänglich. Jedoch herrscht noch weitgehend Unklarheit über die finanziellen und persönlichen Risiken, die im Falle eines Erdbebens zu erwarten sind, weil der Einfluss des lokalen Untergrundes aber auch die Verletzbarkeit von Gebäuden noch nicht ausreichend bekannt und schweizweit verfügbar sind. Deshalb entwickelt der SED in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz derzeit ein Erdbebenrisikomodell für die Schweiz, das im Jahr 2022 veröffentlicht wird. Dieses Erdbebenrisikomodell soll zukünftig als Grundlage für Bund und Kantone dienen, um bei einem Erdbeben eine schnelle Übersicht über mögliche Schäden zu erhalten. Es basiert auf der regelmässig aktualisierten Abschätzung der Erdbebengefährdung, berücksichtigt den Einfluss des lokalen Untergrundes sowie die Verletzbarkeit und den Wert von Gebäuden und Infrastrukturen. Daneben kann das Erdbebenrisikomodell auch von privaten Unternehmen wie Versicherungen genutzt werden, um ihre Einschätzungen und Dienstleistungen zu verbessern.

Weiterführende Informationen:

03.12.2020

Neuer CAS Kurs

Bis am Sonntag, 20. Dezember 2020, können sich Interessierte für den Kurs «Erdbebensicherheit im integralen Naturgefahrenmanagement» anmelden. Dieser Kurs ist Teil des «CAS ETH in Angewandten Erdwissenschaften» (Certificate of Advanced Studies), kann aber auch als Einzelkurs besucht werden.

Kursdaten: 08. und 09. sowie 11. und 12. Februar 2021, online (Zoom)

Die Teilnehmenden erhalten einen Überblick, wie die Disziplinen Seismologie, Geologie und Erdbebeningenieurwesen bei der Bewertung der seismischen Gefährdung und Schadensminderung durch erdbebensicheres Bauen ineinandergreifen. Verschiedene Methoden zur Standortcharakterisierung sowie die zur erdbebensicheren Projektierung und Überprüfung von Bauwerken notwendigen Eingabedaten und Richtlinien werden im Kurs beleuchtet. Die Teilnehmenden lernen, den Umgang mit der Erdbebengefährdung im Rahmen des integralen Naturgefahrenmanagements einzustufen und setzen sich mit der Problematik erdbebeninduzierter Naturereignisse auseinander.

Die Kurse der Modulgruppe Geo-Risiken werden in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Erdbebendienst organisiert und durchgeführt.

Weiterführende Informationen:

Neuer CAS Kurs

10.11.2020

Erneutes weiträumig verspürtes Erdbeben bei Elm (GL)

Am Dienstag, dem 10. November 2020 hat sich um 13:53 Uhr (Lokalzeit) südwestlich von Elm, in einer geringen Tiefe von ungefähr 1 km, ein Erdbeben der Magnitude 3.9 ereignet.

Die Erschütterungen waren vorwiegend im Sernftal, in Elm, in Schwanden und bis nach Glarus gut zu spüren. Auch in weiterer Entfernung, sogar bis nach Schaffhausen, haben Personen das Beben noch wahrgenommen.

Kurz nach dem Beben sind beim Erdbebendienst etwa 190 Meldungen aus der Bevölkerung eingegangen. Schäden sind bei diesem Beben nicht zu erwarten, der SED hat auch keine entsprechenden Berichte erhalten.

Dieses Ereignis ist das bisher zweitgrösste Beben in der Erdbebensequenz die bereits im Frühjahr und im Oktober dieses Jahres spürbare Beben produzierte. Das heutige Beben wurde im westlichen Teil der Sequenz lokalisiert (dunkleres Rechteck im Bild). Das letzte weiträumig verspürte Erdbeben dieser Sequenz mit Magnitude 4.4 erschütterte am 25. Oktober 2020 die Region Glarus (siehe Aktuellbeiträge vom 25. und 27.10.2020). Seit diesem Beben hat der Schweizer Erdbebendienst an der ETH Zürich 194 weitere Erdbeben in dieser Sequenz registriert. Ungefähr 10 dieser Beben erreichten eine Magnitude über 2.5 und wurden von der Bevölkerung in den umliegenden Gemeinden oft deutlich wahrgenommen.

31.10.2020

Erdbeben in der östlichen Ägäis

Am 30. Oktober hat sich um 11:51 (UTC) (12:51 Schweizer Zeit) ein Erdbeben der Magnitude 7.0 bei der griechischen Insel Samos vor der westtürkischen Küste ereignet. Das Epizentrum lag rund 65 km süd-südwestlich von der Stadt Izmir mit rund 2.5 Mio. Einwohnern und rund 15 km nördlich von der Stadt Néon Karlovasion auf Samos, in einer Tiefe von etwa 12 km. Das Beben ereignete sich auf einer West-Ost ausgerichteten Störung als Abschiebung (normal faulting). Nach bisherigen Auswertungen ist die Bruchfläche ca. 40 km lang und erstreckt sich über 20 km Tiefe in der Erdkruste.

Das Ereignis war eines der grössten instrumentell aufgezeichneten Erdbeben in der östlichen Ägäis. Das bisher grösste instrumentell gemessene Erdbeben in der Region mit einer Magnitude von 7.7 ereignete sich im Jahr 1956 bei Santorin, etwa 200 km südlich des gestrigen Bebens.

Durch das Aufeinanderteffen der Afrikanischen Platte mit der Eurasischen Platte ist die östliche Mittelmeerregion grundsätzlich eine seismisch sehr aktive Zone, wo starke Erdbeben keine Seltenheit sind. Die Region des gestrigen Bebens ist dabei von Nord-Süd gerichteter Extension geprägt, was mit dem Mechanismus des Bebens gut übereinstimmt.

Laut Medienberichten sind durch die Erschütterungen dutzende Häuser eingestürzt und bisher sind mindestens zwei Dutzend Tote und mehr als 800 Verletzte bekannt. Aufgrund des Bebens wurde eine Tsunamiwarnung ausgelöst, und wie Videoaufnahmen zeigen, haben kleinere Tsunamis die küstennahen Gebiete von Izmir und an anderen Orten der türkischen Küste wie auch auf Samos getroffen.

Erdbeben in der östlichen Ägäis

27.10.2020

Erdbebensequenz im Glarnerland erneut aktiv

Am Sonntagabend, dem 25. Oktober 2020, wurde im Sernftal (südwestlich von Elm (GL)) eine Erdbebensequenz reaktiviert, die bereits im Frühjahr dieses Jahres spürbare Beben verursacht hatte. Das aktuell stärkste Beben mit einer Magnitude von 4.4 ereignete sich am späteren Sonntagabend um 20:35 Uhr. Es wurde in der Ostschweiz verbreitet deutlich verspürt. Der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich (SED) hat in der Folge zahlreiche Nachbeben aufgezeichnet, welche teils ebenfalls verspürt wurden. Das zurzeit stärkste dieser Nachbeben ereignete sich um 20:43 Uhr und erreichte eine Magnitude von 3.6.

Die Grafik oben zeigt, wie sich die Bebenaktivität seit der Reaktivierung am 25. Oktober bis am 26. Oktober um 2 Uhr entwickelt hat. Die Abbildung umfasst Beben, welche bislang manuell lokalisiert werden konnten (rot umrandet), einige dieser Nachbeben wurden ebenfalls lokal verspürt. Zudem sind mehrere hundert sehr kleine Ereignisse abgebildet (blau eingefärbt), welche zusätzlich durch einen systematischen Vergleich der Seismogramme mit Hilfe einer sogenannten «template-matching»-Methode identifiziert wurden. Die Seismogramme der kleinen Beben weisen ähnliche Muster auf wie die der standardmässig aufgezeichneten Musterereignisse und können deshalb leichter gefunden werden. Diese kleinsten Ereignisse zeigen, wie die Nachbebenaktivität bislang stetig abnimmt.

Wie einleitend erwähnt, traten die Beben der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober als Teil einer schon länger bekannten Erdbebensequenz auf, die bereits im Frühling 2020 aktiv war. Das damals stärkste Beben ereignete sich am 26. Mai 2020 und erreichte eine Magnitude von 3.1. Aufgrund dieser Sequenz hatte der SED sein Messnetz in der Gegend von Elm temporär verdichtet, was die Auswertung der aktuellen Erdbebenserie unterstützt. Wir haben inzwischen eine weitere Station in der Region installiert. Die Beben treten entlang einer fast senkrechten, ungefähr ost-westlich orientierten Bruchzone auf. Diese Störung ist vermutlich auch für die «Steinibach-Sequenz» verantwortlich, die im Jahre 1987 auftrat. Die Störung liegt nach derzeitigen Kenntnissen vermutlich im Übergangsbereich zwischen dem kristallinen Grundgebirge des Aar-Massivs und der sedimentären Deckschichten in eine Tiefe von ca. 1 bis 2 Kilometern.

Solche Erdbebensequenzen - also zeitliche Häufungen von Erdbeben in einem Gebiet - sind in der Schweiz regelmässig zu beobachten. Es ist auch nicht aussergewöhnlich, dass solche Sequenzen phasenweise aktiv sind und es dann wieder ruhiger wird. In der Regel nimmt die Anzahl und Stärke der Beben mit der Zeit ab, in seltenen Fällen kann sich aber auch ein grösseres Beben ereignen. Da die Gegend um Elm im schweizweiten Vergleich eine mittlere Seismizität aufweist, befindet sie sich in der Erdbebenzone 2 der Erdbebenbaunormen der SIA, welche kürzlich aktualisiert wurden.

Direkt nach dem Hauptbeben war für kurze Zeit die Meldung eines Bebens mit einer Magnitude von 2.7 bei Gelterkinden (BL) ersichtlich. Dabei handelte es sich um eine Fehllokalisierung, die durch die zahlreichen, sich zum Teil überlagernden Nachbeben der Erdbebensequenz im Glarnerland ausgelöst wurde. Die erste, automatische Herdlokalisierung und die zugehörige Erdbebenmeldung geschehen jeweils innerhalb einer Minute. In seltenen Fällen kann es daher vorkommen, dass die automatischen Auswertungen fehlerhaft sind. Daher werden alle Beben im Anschluss manuell von Seismologinnen und Seismologen überprüft und gegebenenfalls korrigiert. In der Regel geschieht dies innerhalb einer Stunde nach Auftreten eines Bebens.

Direkt nach dem Magnitude-4.4-Beben erreichten unsere Web-Server extrem viele Anfragen, was zu einer kurzfristigen Überlastung unserer Webseite führte. Sobald ein Beben verspürt wird, schnellen die Zugriffzahlen in die Höhe; in der ersten Minute nach dem Magnitude-4.4-Beben waren es bereits 80'000. Mit diesen plötzlichen Lastspitzen kämpfen Erdbebendienste weltweit, und wir sind stets bemüht, die Kapazitäten unsere Infrastruktur auszubauen, um solche Überlastungen weitestgehend zu vermeiden. Informationen zu aktuellen Erdbeben finden Sie neben unserer Webseite aber auch jederzeit auf unserem Twitter-Kanal (@seismoCH_D), auf der MeteoSchweiz-App sowie auf naturgefahren.ch.

25.10.2020

Weiträumig verspürte Erdbeben bei Elm (GL)

Am Sonntag 25. Oktober 2020 haben sich bei Elm (GL) mehrere für die Bevölkerung zum Teil deutlich spürbare Beben ereignet. Das bisher stärkste Beben erschütterte um 20:35 Uhr die Ostschweiz mit einer Magnitude von 4.4 auf der Richterskala. Das Beben ereignete sich relativ nahe der Erdoberfläche in wenigen Kilometern Tiefe. Beim Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich gingen in der ersten Stunde nach dem Beben über hundert Verspürtmeldungen ein. Bei einem Beben dieser Stärke sind in der Nähe des Epizentrums kleinere Schäden möglich. Beim SED sind bisher aber keine entsprechenden Meldungen eingegangen.

Bis am späteren Sonntagabend haben sich weitere Beben ereignet, die teilweise für die Bevölkerung spürbar waren. Solche Nachbeben treten üblicherweise nach stärkeren Beben auf. Meist nimmt die Häufigkeit und die Stärke dieser Nachbeben mit der Zeit ab. Weitere Beben mit einer ähnlichen oder gar grösser Magnitude wie das bisher stärkste Beben sind zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen. Beben mit einer Magnitude von 4 oder mehr treten in der Schweiz im Schnitt alle ein bis zwei Jahre einmal auf. Das letzte Beben mit einer vergleichbaren Stärke in dieser Region ereignete sich am 6. März 2017 auf dem Urnerboden.

Weiträumig verspürte Erdbeben bei Elm (GL)

24.09.2020

Angepasste Erdbebenbaunormen

Erdbebengerecht erstellte Bauwerke bieten den besten Schutz vor den Auswirkungen eines Bebens. Was ein solches Bauwerk in der Schweiz ausmacht, definiert die Norm 261 «Einwirkung auf Tragwerke» des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Kürzlich trat eine überarbeitete Version in Kraft. Sie berücksichtigt die neuen Daten des im Jahr 2015 durch den Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich aktualisierten Erdbebengefährdungsmodells. Die wichtigsten Anpassungen betreffen die Karte der Erdbebenzonen sowie die Antwortspektren für verschiedene Baugrundklassen. Um Gebäude mit lebenswichtigen Infrastrukturfunktionen (Bauwerksklasse III, z. B. Akutspitäler) besser zu schützen, wurden zudem die Sicherheitsfaktoren leicht erhöht, die für den Nachweis der Tragsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit dieser Gebäude notwendig sind.

Die Erdbebenzonenkarte unterteilt die Schweiz basierend auf der kleinteiligeren Erdbebengefährdungskarte in fünf Gebiete, in denen unterschiedliche Anforderungen an eine erdbebengerechte Bauweise gelten. Sie verfügt neu über fünf verschiedene Zonen und damit über eine mehr als bisher. Zudem wurden die Zonengrenzen aufgrund der neuen Erkenntnisse aus dem aktualisierten Erdbebengefährdungsmodell angepasst.

Ingenieure nutzen Antwortspektren um festzulegen, wie Bauwerke auf verschiedenen Untergründen (für die Normen eingeteilt in Baugrundklassen) ausgestaltet werden müssen. Aus den Antwortspektren leiten sie die notwendigen Massnahmen ab, um ein Bauwerk für den geologischen Untergrund am jeweiligen Standort so zu erstellen, dass es den Normen genügt. Die Anpassung der Antwortspektren in der überarbeiteten Norm gründet auf einer vertieften Analyse von Erdbebenaufzeichnungen an vielen seismischen Stationen in Verbindung mit geophysikalischen Messungen, welche die lokalen Eigenschaften des Untergrunds an diesen Stationsstandorten ermittelten. In der Norm wird berücksichtigt, dass locker gelagerte Sedimente die seismischen Wellen verstärken. Infolge dessen müssen Bauwerke an solchen Standorten für stärkere Bodenbewegungen ausgelegt werden.

In der Schweiz obliegt es den Kantonen, die Einhaltung der Baunormen zu prüfen. Gewisse kantonale Baugesetzgebungen verlangen explizit die Einhaltung der geltenden SIA Normen oder machen erdbebenspezifische Auflagen im Rahmen der Baubewilligungsverfahren. In anderen Kantonen ist die Umsetzung nicht explizit gesetzlich geregelt und wird auch nicht überprüft. Gemäss Bundesamt für Umwelt liegen die Mehrkosten für eine erdbebengerechte Bauweise eines Neubaus bei einem frühen Einbezug in die Planung bei maximal einem Prozent der Gesamtkosten.

Weiterführende Informationen

Erdbebengerechtes Bauen

Erdbebengefährdung Schweiz

SIA Norm 261

Angepasste Erdbebenbaunormen

20.08.2020

Das Naturgefahrenportal im neuen Kleid – damit die Schweiz informiert ist

Nicht nur Erdbeben sind für die Schweiz eine ernst zu nehmende Naturgefahr. Die Schweiz ist topografisch und geografisch so gelegen, dass sie von vielfältigen und schwerwiegenden Naturgefahren betroffen ist. Wenn Stürme über die Schweiz fegen, Wälder brennen oder Lawinen die Hänge herunterdonnern, muss die Bevölkerung rechtzeitig gewarnt werden. Auch Meldungen zu Erdbeben müssen die Bevölkerung so schnell wie möglich erreichen. Dafür zuständig sind die Naturgefahrenfachstellen des Bundes. Auf dem Naturgefahrenportal www.naturgefahren.ch stellen sie aktuelle Informationen zu Naturgefahren zur Verfügung. Die Fachstellen haben das Naturgefahrenportal überarbeitet. Es erscheint neu mit einigen Anpassungen und Verbesserungen.

Immer wieder erlebt die Schweiz Naturereignisse, die Menschenleben und Infrastruktur gefährden können. Damit die Bevölkerung in solchen Krisensituationen adäquat informiert, gewarnt und geschützt wird, haben sich die Naturgefahrenfachstellen des Bundes zusammengeschlossen. Sie warnen vor Stürmen, starkem Niederschlag und Schneefall, Strassenglätte, Bodenfrost, Hitze, Gewittern, Waldbränden, Hochwasser, Lawinen oder geben Meldungen zu aktuellen Erdbeben aus.

Um möglichst viele Personen bei einem Naturereignis zu erreichen und mit einheitlichen Informationen zu versorgen, betreiben die Fachstellen gemeinsam das Naturgefahrenportal. Über diese Webseite – und übrigens auch die App von MeteoSchweiz – publizieren sie alle Warnungen und Meldungen zu Naturgefahren. So stehen der Bevölkerung zuverlässige und konsolidierte Informationen zu aktuellen Naturgefahrenlagen und -ereignissen zur Verfügung.

Nach einer Überarbeitung erscheint das Naturgefahrenportal neu mit Anpassungen in der Darstellung der Gefahren sowie mit Visualisierungen der Verhaltensempfehlungen. So sind z. B. die Fliessgewässer und Seen von nationalem Interesse neu ihrem Warnzustand entsprechend eingefärbt und damit besser sichtbar. Die Darstellung der Waldbrandgefahr erfolgt neu entlang der Kantonsgrenzen. Und Piktogramme zu den wichtigsten Verhaltensempfehlungen machen diese verständlicher.

Die Naturgefahrenfachstellen des Bundes sind überzeugt, durch diese Anpassungen dazu beizutragen, dass die Bevölkerung der Schweiz vor oder während eines Naturgefahrenereignisses die relevanten Informationen noch einfacher findet und besser versteht.

Das Bundesamt für Umwelt BAFU, das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, das WSL – Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich SED sowie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS informieren und warnen die Bevölkerung, Medien und Behörden im offiziellen Auftrag des Bundes vor drohenden Naturgefahren. In kritischen Situationen arbeiten die Naturgefahrenfachstellen besonders eng zusammen, koordinieren ihre Prognosen und Warnungen und erstellen gemeinsame Naturgefahrenbulletins und Medienmitteilungen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.naturgefahren.ch.

Dieser Text wurde adaptiert mit freundlicher Genehmigung von einem Blog-Beitrag der MeteoSchweiz.

Das Naturgefahrenportal im neuen Kleid – damit die Schweiz informiert ist

13.08.2020

Erdbeben bei Zermatt

Am Mittwoch, dem 12. August 2020, hat sich um 23:15 Uhr Ortszeit ca. 3 km westlich von Zermatt (VS), in einer geringen Tiefe von ungefähr 3 km, ein Erdbeben der Magnitude 3.0 ereignet.

Die Erschütterung war fast ausschliesslich im nahen Epizentralgebiet, also vor allem in Zermatt selbst, gut zu spüren. Die am Schweizerischen Erdbebendienst der ETH Zürich eingegangenen Meldungen berichten von einer kurzen, nicht besonders angsteinflössenden Vibration. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind in der Regel keine Schäden zu erwarten.

Das Wallis ist das Gebiet der Schweiz mit der stärksten Erdbebengefährdung, im Wallis selbst gehören Saastal und Mattertal aber nicht zu den exponiertesten Zonen. Das letzte verspürte Beben im Gebiet ereignete sich am 21.7.2018 10 km östlich von Zermatt. Es hatte eine Magnitude von 2.6.

Erdbeben bei Zermatt

11.07.2020

Beben zwischen Locarno und Bellinzona

Am Samstag, 11. Juli 2020, ereignete sich um 13:53 Uhr Ortszeit ein Erdbeben nördlich der Magadinoebene zwischen Locarno und Bellinzona (TI) mit einer Magnitude 2.9 und einer Tiefe von ca. 14 km.

Das Erdbeben wurde weiträumig verspürt, insbesondere in Bellinzona und Giubiasco. Beim SED gingen in der Stunde nach dem Beben über 80 Verspürtmeldungen ein. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind keine Schäden zu erwarten.

Obschon seismisch weniger aktiv als zum Beispiel das Wallis, kann es auch im Bergkanton Tessin gelegentlich zu Erdbeben kommen. Das letzte verspürte Beben in der Region war am 1. Mai 2010 mit einer Magnitude von 2.6 bei Lodrino.

Beben zwischen Locarno und Bellinzona

28.05.2020

Weiterhin aktive Erdbebensequenz im Glarnerland

Seit Dienstag, dem 26. Mai 2020, ist im Sernftal (westlich von Elm GL) eine Erdbebensequenz aktiv. Sie begann um 07:50 Uhr Ortszeit mit einem Beben der Magnitude 3.1 (siehe vorangegangener Beitrag). Seitdem und bis am Mittag des 28. Mai 2020 konnten mit dem Messnetz des Schweizerischen Erdbebendienstes an der ETH Zürich (SED) 13 weitere Beben mit hoher Qualität lokalisiert werden. Die beiden stärksten Beben hatten Magnituden von 2.9 und 2.8 und wurden jeweils am Mittwoch, um 02:55 Uhr und 09:11 Uhr, nahe beim Epizentrum schwach verspürt.

Die Grafik oben zeigt, wie sich die Bebenaktivität über die Zeit entwickelt hat. Die Abbildung umfasst einerseits die 22 lokalisierten Beben (rot umrandet; darunter neun Beben geringerer Lokalisierungsqualität, die nicht im Erdbebenkatalog erscheinen). Anderseits sind weitere, sehr kleine Ereignisse abgebildet. Diese konnten nachträglich durch einen systematischen Vergleich der Wellenformen ermittelt werden; jene der kleinen Beben weisen ähnliche Muster auf wie die der standardmässig aufgezeichneten. Die dazu angewendete Methode des «template-matching» wird derzeit am SED erforscht und weiterentwickelt. Sie ermöglicht, solche Sequenzen noch besser zu verstehen.

In vorherigen Beitrag wurde bereits auf die Nähe zum Urnerboden Erdbebenschwarm von 2017 hingewiesen. In etwas kleinerer Entfernung ereignete sich 10 km westlich der aktuellen Beben am 17. März 2001 ein Beben der Magnitude 3.8 bei Linthal (GL). Im Gebiet der aktuellen Sequenz registrierte der SED bereits im Sommer 1987 eine ähnliche Erdbebenserie von damals 34 Erdbeben, die über einen Monat dauerte. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2.4. Eine Relativlokalisierung der Erdbeben zueinander zeigte, dass sie alle entlang einer fast senkrechten Störung auftraten, die Ost-West orientiert ist. Die Bewegung ist dabei dextral: Das heisst, dass egal auf welcher Seite der Verwerfung man sich befindet, die gegenüberliegende Seite sich nach rechts bewegt.

Erste vorläufige Untersuchungen der bisher aufgezeichneten Beben scheinen die fast gleiche Verwerfungsgeometrie für die jetzige Sequenz zu zeigen. Das deutet darauf hin, dass aktuell das selbe Verwerfungssystem wie 1987 reaktiviert wurde. In diesem Teil der Alpen sind aus der Oberflächengeologie sowohl solche Ost-West streichende Störungen bekannt, wie auch Nord-Süd streichende. Wie schon in der Sequenz von 1987 deuten vorläufige Analysen darauf hin, dass die aktuellen Beben relativ oberflächennah auftreten. Mit einer Tiefe von ca. 2 km liegen sie wahrscheinlich im Kontaktbereich zwischen Sedimentüberdeckung und kristallinem Grundgebirge. Aufgrund bestehender Unsicherheiten in der Tiefenbestimmung ist eine genauere Einschränkung derzeit noch nicht möglich.

Obwohl sich die seismische Aktivität in den letzten 24 Stunden verringert hat, ist es schwierig, eine Prognose über die Erdbebenaktivität in den nächsten Tagen und Wochen zu machen. Solche Schwärme können erfahrungsgemäss sehr unterschiedlich verlaufen. Es ist aber immer noch möglich – wenn auch wenig wahrscheinlich – dass weitere, noch stärkere Beben auftreten werden. Allgemein kann daran erinnert werden, dass grössere Erdbeben mit einer Magnitude von 6 oder mehr zwar selten sind, in der Schweiz aber überall und jederzeit auftreten können. Im Durchschnitt ist in der Schweiz alle 50 bis 150 Jahre mit einem Erdbeben mit einer Magnitude von etwa 6 zu rechnen.

19.05.2020

Erdbeben bei Sion

Am Dienstag, den 19. Mai 2020, ereignete sich um 08:10 Uhr Ortszeit ein Erdbeben der Magnitude 2.1 im Rhonetal, östlich von Sion (VS). Die Tiefe des Bebens lag in ungefähr 6 km. Trotz seiner relativ geringen Magnitude wurde das flache Erdbeben von zahlreichen Personen verspürt: Innerhalb von rund zwei Stunden nach dem Beben gingen beim Schweizerischen Erdbebendiest rund 80 Verspürtmeldungen ein, die meisten davon in Sion selbst und alle in einem Umkreis von nur 10 km. Das Rhonetal ist eine Region mit einer der grössten Erdbebengefährdungen in der Schweiz.

Erdbeben bei Sion

07.04.2020

Geothermieprojekt Haute-Sorne – Kanton erwägt Genehmigung zurückzuziehen

In der jurassischen Gemeinde Haute-Sorne war vorgesehen, ein petrothermales Tiefengeothermieprojekt zur Stromerzeugung zu errichten. Die Frage nach dem mit dem Projekt verbundenen seismischen Risiko wurde vom Kanton erneut aufgeworfen, nachdem sich im November 2017 nahe der südkoreanisches Stadt Pohang ein Erdbeben mit einer Magnitude von 5.5 ereignet hat (siehe Aktuellbeitrag vom 24.05.2019 für eine Übersicht). Auslöser des Bebens war ein petrothermales Tiefengeothermieprojekt in unmittelbarer Nähe. Die Geo-Energie Suisse AG (GES), welche das Projekt in Haute-Sorne plant und betreiben möchte, wurde daraufhin von Kanton Jura aufgefordert, ihre Risikobeurteilung im Lichte der Erkenntnisse aus Südkorea neu zu bewerten. Anschliessend erhielt der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich vom Kanton das Mandat, die aktualisierte Risikobeurteilung der GES zu prüfen.

Am 6. April 2020 hat der Kanton Jura den Bericht des SED veröffentlicht und seinen Entscheid für das weitere Vorgehen bekannt gegeben: Er erwägt, die Genehmigung für das Tiefengeothermieprojekt in Haute-Sorne zurückzuziehen. Alle Informationen sind auf folgender Seite publiziert: https://www.jura.ch/CHA/SIC/Centre-medias/Communiques-2020/Le-Gouvernement-envisage-de-revoquer-l-arrete-d-approbation-du-plan-special-cantonal-Projet-pilote-de-geothermie-profonde-a-Ha.html#

Geothermieprojekt Haute-Sorne – Kanton erwägt Genehmigung zurückzuziehen

24.02.2020

Bebenaktivität auf dem Mars

Mars ist seismisch aktiv. Das zeigen erste wissenschaftliche Analysen von Forschenden der ETH Zürich und ihren Partnern fünfzehn Monate nach der erfolgreichen Landung der NASA-InSight-Mission auf dem Planeten. Die aufgezeichneten Daten ermöglichen es, das Marsinnere näher zu bestimmen und erfüllen damit ein wichtiges Ziel der InSight-Mission.

Am 26. November 2018 setzte der InSight-Lander der NASA in der Region Elysium Planitia erfolgreich auf dem Mars auf. Siebzig Marstage später begann das Seismometer «SEIS» der Mission, Erschütterungen des Planeten aufzuzeichnen. Ein Team von Forschenden und Ingenieuren der ETH Zürich hat unter der Leitung von ETH-Professor Domenico Giardini die Steuerelektronik für SEIS entwickelt und ist für den Marsbebendienst verantwortlich. Mit dem Eintreffen der ersten Daten nahm der Marsbebendienst seinen vollen Betrieb auf. Täglich analysieren und interpretieren die Forschenden des Schweizerischen Erdbebendienstes an der ETH Zürich die eingehenden Daten gemeinsam mit der Forschungsgruppe Seismologie und Geodynamik (SEG) sowie internationalen Partnern. Aufgrund von eingeschränkten Datenübermittlungsraten wird jeweils nur ein Bruchteil der Aufzeichnungen automatisch an die Erde übermittelt. Erst wenn der Marsbebendienst Auffälligkeiten in den Daten entdeckt, fordert er die Übermittlung des gesamten Datenpakets für den entsprechenden Zeitraum, um die betreffende Sequenz eingehend zu studieren.

Nun hat die Zeitschrift Nature Geoscience eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, welche über die Ergebnisse der Mission bis Ende September 2019 auf dem Mars berichten. In diesem Zeitraum hat InSight 174 Ereignisse aufgezeichnet. Zwischenzeitlich wurden die Messungen fortgesetzt und insgesamt über 450 Marsbeben beobachtet, die noch nicht alle detailliert ausgewertet werden konnten. Das entspricht im Durchschnitt etwa einem Ereignis pro Tag. Die Daten ermöglichen den Forschenden festzustellen, wie sich seismische Wellen durch den Planeten ausbreiten. Ähnlich wie Röntgenstrahlen durchdringen sie das Planenteninnere und machen dessen Beschaffenheit sichtbar. Vor der Landung von InSight hatten Forschende ein breites Spektrum an Modellen entwickelt, die aufzeigen, wie sich die innere Struktur des Planeten möglicherweise entwickelt hat. Die aufgezeichneten Marsbeben erlauben es nun bereits nach wenigen Monaten besser zu verstehen, wie der Planet aufgebaut ist und räumen bisher bestehende Ungewissheiten aus.

Marsbeben ähneln Erdbeben, haben in der Regel aber kleinere Magnituden. Die 174 in den Artikeln beschriebenen Marsbeben lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Zur ersten gehören 24, niederfrequente Erschütterungen mit Magnituden zwischen 3 und 4, deren Wellen sich durch den Marsmantel ausbreiten. Zur zweiten gehören 150 Ereignisse mit vergleichsweise kleineren Magnituden, geringerer Herdtiefe und Wellen mit höherer Frequenz, die in der Kruste des Mars gefangen bleiben. «Marsbeben weisen ähnliche Eigenschaften auf, wie sie bereits während der Apollo-Ära auf dem Mond beobachtet wurden. Sie dauern lange (10 bis 20 Minuten), da ihre Wellen aufgrund von Eigenheiten der Marskruste stark streuen», erläutert ETH-Professor Giardini. In der Regel, so Giardini, ist es schwierig, Marsbebendaten zu interpretieren. In den meisten Fällen kann man nur die Entfernung bestimmen, aber nicht die Richtung, aus der die Wellen kommen.

InSight leitet eine neue Ära der planetaren Seismologie ein. Die Leistungsfähigkeit des SEIS hat bislang die Erwartungen übertroffen. Insbesondere in Anbetracht der rauen Bedingungen auf dem Mars, die jeden Tag von Temperaturen zwischen minus 80 und 0 Grad Celsius und von starken Winden gekennzeichnet sind. Vor allem tagsüber schütteln diese Winde den InSight-Lander und seine Instrumente, was zu vielen Störgeräuschen führt. Bei Sonnenuntergang legen sich aber die Winde und ermöglichen es, die bisher leisesten seismischen Daten des gesamten Sonnensystems aufzuzeichnen. Die von SEIS erkannten Beben haben sich daher vorwiegend in den ruhigen Nachstunden ereignet. Die schwierigen Bedingungen machen es zudem herausfordernd, seismische Ereignisse von anderen Signalen zu unterscheiden, die von Bewegungen des Landers, von anderen Instrumenten oder von der Atmosphäre stammen.

SEIS erfasst auch das Hämmern der Wärmeflusssonde HP3 (ein weiteres InSight-Experiment) sowie vorbeiziehende Wirbelwinde (Staubteufel). Dies ermöglicht es, die physikalischen Eigenschaften der unmittelbar unter SEIS liegenden Bodenschichten abzubilden. Daher ist bekannt, dass SEIS auf einer dünnen, sandigen Schicht von wenigen Metern Tiefe gelandet ist, die in Mitte eines 20 Meter grossen alten Einschlagkraters liegt. In grösserer Tiefe weist die Marskruste Eigenschaften auf, die mit den kristallinen Grundgebirgen der Erde vergleichbar sind. Sie scheint aber stärker zerklüftet zu sein. Die Art und Weise wie sich die seismischen Wellen ausbreiten legt zudem nahe, dass der obere Mantel diese im Vergleich zum unteren Mantel stärker dämpft.

Bisher wurden in der Nähe der Station keine Marsbeben aufgezeichnet, was darauf hindeutet, dass InSight in einer seismisch eher ruhigen Region des Mars gelandet ist. Die drei grössten Ereignisse ereigneten sich in der Region Cerberus Fossae, die etwa 1’500 km entfernt liegt. Dabei handelt es sich um ein tektonisches Grabensystem, das durch das Gewicht des Elysium Mons, des grössten Vulkans in der Elysium-Planitia-Region, verursacht wurde. Es besteht daher die starke Vermutung, dass die seismische Aktivität auf dem Mars nicht nur eine Folge der Abkühlung und damit des Schrumpfens des Planeten ist, sondern auch durch tektonische Spannungen verursacht wird. Die gesamte auf dem Mars freigesetzte seismische Energie liegt zwischen derjenigen der Erde und derjenigen des Mondes.

In Verbindung mit anderen Messungen sind die mit SEIS gewonnen Daten zudem sehr nützlich, um meteorologische Prozesse auf dem Mars besser zu verstehen. Das Seismometer erfasst nicht nur Winde, sondern reagiert auch auf atmosphärischen Druck, was es erlaubt, die für den Mars charakteristischen meteorologischen Phänomene zu bestimmen. Dazu gehören unter anderem die nachmittäglich am Lander vorbeiziehenden Wirbelwinde.

Detaillierte Informationen zu den seismischen Auswertungen sowie weitere Erkenntnisse der InSight-Mission finden Sie in den kürzlich in Nature Geosciences veröffentlichten Artikel: The seismicity of Mars, Crustal and time-varying magnetic fields at the InSight landing site on Mars, The atmosphere of Mars as observed by InSight, Initial results from the InSight mission on Mars

Weitere Informationen über die InSight-Mission der NASA finden Sie auf https://mars.nasa.gov/insight/ und Näheres über die Beteiligung der ETH Zürich an InSight auf www.insight.ethz.ch

Bebenaktivität auf dem Mars

25.01.2020

Erdbeben im Turtmanntal (VS)

Am Samstag, den 25. Januar 2020, ereignete sich um 20:13 Uhr (Ortszeit) ein Erdbeben der Magnitude 3.0 in einer Tiefe von ca. 4 km unterhalb des Turmanntals (VS) zwischen dem Val d’Anniviers und dem Mattertal.

Das Erdbeben wurde weiträumig verspürt, insbesondere im Rhonetal und Mattertal. Beim SED gingen in der Stunde nach dem Beben über 100 Verspürtmeldungen ein. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind keine Schäden zu erwarten.

Kurz zuvor, um 20:07 (Ortszeit), ereignete sich westlich von Realp (UR) ein Beben mit einer Magnitude von 2.4 bei einer Tiefe von rund 9 km, welches jedoch kaum verspürt wurde. Zwischen diesen beiden Beben gibt es keinen direkten Zusammenhang.

Erdbeben im Turtmanntal (VS)

24.07.2020

COVID-19-Massnahmen reduzieren seismisches Hintergrundrauschen weltweit

Die Massnahmen zur Eindämmung von COVID-19 haben von Anfang bis Mitte 2020 weltweit zu einem Rückgang des seismischen Hintergrundrauschens geführt, wie kürzlich in der Zeitschrift Science veröffentlichte Forschungsergebnisse zeigen. In der Schweiz konnten auch Forschende des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) an der ETH Zürich dieses Phänomen beobachten, wie der SED bereits in einem früheren Beitrag im April 2020 mitteilte. Der SED hat sich deshalb an der internationalen Studie beteiligt, an der insgesamt 76 Autoren aus 66 Institutionen in 27 Ländern zusammengearbeitet haben.

Durch die Analyse von monate- bis jahrelangen Datensätzen von über 300 seismischen Stationen auf der ganzen Welt konnte die Studie unter der Leitung von Dr. Thomas Lecocq vom königlichen Observatorium in Belgien zeigen, wie das seismische Hintergrundrauschen in vielen Ländern und Regionen seit Beginn der Lockdown-Massnahmen abnahm. Die Forschenden konnten die daraus resultierende «Welle der Ruhe» sichtbar machen, die sich zuerst durch China, dann nach Italien und schlussendlich in die restliche Welt ausbreitete. Die neuen Verhaltens- und Distanzregeln, die reduzierte wirtschaftliche und industrielle Tätigkeit und der Rückgang von Tourismus und Reisen widerspiegeln sich demnach in den Aufzeichnungen des seismischen Hintergrundrauschens. Diese «Ruheperiode» des seismischen Hintergrundrauschens in 2020 ist die längste und markanteste weltweit von Menschen verursachte seismische Lärmreduktion, die jemals aufgezeichnet wurde.

Traditionell konzentriert sich die Seismologie auf die Messung und Analyse seismischer Wellen, die bei Erdbeben entstehen. Aber auch jede Art von menschlicher Aktivität führt zu Vibrationen im Untergrund, die von hochempfindlichen Seismometern aufgezeichnet werden können. Herumlaufen, Autofahren oder der öffentliche Verkehr, aber auch Industrie und Bautätigkeit erzeugen seismische Wellen, die die Aufzeichnung der natürlichen Phänomene beeinflussen können. Am stärksten hat sich das seismische Hintergrundrauschen durch die COVID-19-Massnahmen in städtischen Gebieten verringert. Jedoch konnten auch Sensoren die Effekte des Lockdowns aufzeichnen, die Hunderte von Metern tief im Boden installiert sind, sowie in abgelegenen Gebieten, wie z.B. in Afrika südlich der Sahara. Die Forscher fanden zudem einen direkten Zusammenhang zwischen dem Rückgang des seismischen Rauschens und Datensätzen menschlicher Bewegungsmuster. 

In der Schweiz haben vor allem die Stationen des Schweizerischen Starkbebenmessnetzes (SSMNet) ähnliche Effekte gezeigt. Viele dieser Messstationen befinden sich in städtischen Gebieten und verzeichneten unter anderem in Lugano, Martigny, Zürich, Basel und Genf einen deutlichen Rückgang des seismischen Hintergrundrauschens. Nachdem Mitte März der schweizweite Lockdown verkündet wurde, war das seismische Rauschen in diesen Städten an Werktagen fast genauso niedrig wie an den Wochenenden vor Beginn des Lockdowns. Inzwischen befindet sich das seismische Hintergrundrauschen beinahe wieder auf normalem Niveau in der Schweiz und den meisten anderen Ländern, die in der Studie analysiert wurden.

Ermöglicht der Rückgang des seismischen Hintergrundrauschens im 2020 es nun, neue Arten von Signalen zu erkennen? Die Studie hat erste Anzeichen dafür gezeigt, dass seismische Messstationen in städtischen Gebieten während des Lockdowns, insbesondere tagsüber, bisher kaum sichtbare Erdbebensignale viel deutlicher aufzeichnen konnten. In der Schweiz führte dies landesweit zu einer Verringerung der Detektionsschwelle für Erdbeben um etwa 0,1 - 0,2 Magnitudeneinheiten. In vielen städtischen Gebieten war dieser Effekt mit einer Verringerung um 0,3 Magnitudeneinheiten oder mehr sogar noch grösser.

SED Seismologe Dr. Frédérick Massin, einer der Co-Autoren der Studie sagt, dass die an der Studie beteiligten hoffen, dass ihre Arbeit weitere Forschung zu den Auswirkungen des seismischen Lockdowns inspirieren wird. Ein wichtiges Ziel wird es sein, bisher verborgene Signale von Erdbeben und Vulkanen zu finden. Aufgrund der immer grösseren Urbanisierung und der wachsenden Bevölkerung wird es wichtiger denn je, das von Menschen verursachte seismische Hintergrundrauschen zu charakterisieren, damit Forschende die Erde, insbesondere in Städten, besser hören und die Bodenbewegungen unter unseren Füssen überwachen können.

Link zur Studie: https://science.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.abd2438

23.06.2020

Beben bei Vallorcine (F)

Am Dienstag, 23. Juni 2020, ereignete sich um 08:25 Uhr Ortszeit ein Erdbeben bei Vallorcine (F) nahe der Schweizer Grenze mit einer Magnitude 3.8 und einer Tiefe von ca. 5 km.

Das Erdbeben wurde weiträumig verspürt, insbesondere im Rhonetal, von Sitten bis zum Genfersee. Beim SED gingen in der Stunde nach dem Beben über 250 Verspürtmeldungen ein. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind keine Schäden zu erwarten.

In der Region von Vallorcine kommt es seit einem Beben mit einer Magnitude von 4.9 am 8. September 2005 immer wieder zu kleineren Beben. Etwa 15 davon waren stark genug, um von der lokalen Bevölkerung verspürt zu werden.

Beben bei Vallorcine (F)

26.05.2020

Beben in den Glarner Alpen

Am Dienstag, dem 26. Mai 2020, hat sich um 07:50 Uhr Ortszeit etwa 3 km westlich von Elm (GL), im Sernftal, in einer Tiefe von ungefähr 4 km ein Erdbeben der Magnitude 3.1 ereignet. Bei einem Erdbeben dieser Stärke sind in der Regel keine Schäden zu erwarten.

Die Erschütterungen wurden in der Nähe des Epizentrums teilweise deutlich wahrgenommen. Am Schweizerischen Erdbebendienst der ETH Zürich gingen aber fast keine Verspürtmeldungen aus Entfernungen über 20 km ein.

In den vergangenen Jahren haben sich in diesem Gebiet vereinzelt spürbare Beben ereignet. Am 6. März 2017 erschütterte ein Beben der Magnitude 4.6 die ganze Innerschweiz. Sein Epizentrum lag aber 15 km weiter westlich, bei Urnerboden. Ebenso wie das heutige Beben ereignete sich auch das Urnerboden Beben in etwa 4 km Tiefe. Erdbeben in diesem Teil der Alpen liegen meistens weniger als 5 km tief, und damit relativ nah an der Oberfläche.

Beben in den Glarner Alpen

29.04.2020

COVID-19-Massnahmen reduzieren das seismische Rauschen auch in der Schweiz

Seismische Messstationen zeichnen nicht nur Erdbebenwellen auf, sondern auch Erschütterungen anderer Ursachen, das sogenannte seismische Hintergrundrauschen. Diese stete Unruhe der Erde ist zum Teil vom Menschen verursacht, beispielsweise durch den Strassenverkehr oder industrielle Tätigkeiten, die Vibrationen in der Erdkruste erzeugen, typischerweise mehr am Tag und weniger in der Nacht und am Wochenende. Aber auch Wind, Wellen und Wetter bringen die Erde kontinuierlich zum Zittern. Wie internationale Studien zeigten, hat sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie die Stärke des menschengemachten seismischen Hintergrundrauschens an vielen Orten vermindert. Die Messstationen registrieren somit indirekt die Effekte des Lockdowns und der damit verbundenen reduzierten menschlichen Aktivität. Der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich kann diesen Effekt auch in der Schweiz feststellen.

Besonders an den Stationen des nationalen Starkbeben-Netzwerkes (SSMNet), die oft in städtischen Gebieten liegen, nahm das seismische Hintergrundrauschen teilweise deutlich ab, beispielsweise in Martigny, Zürich, Basel oder Genf. In diesen Städten war das Hintergrundrauschen an Werktagen seit Beschluss der ausserordentlichen Lage nahezu so gering wie sonst an den Wochenenden vor dem Lockdown. Zusätzlich sind die Nächte auf den Samstag und Sonntag seit dem Lockdown deutlich ruhiger als gewöhnlich: Die Werte des seismischen Rauschens sanken an den Wochenendabenden auf das Niveau eines regulären Abends eines Werktages in den Städten. Normalerweise ist das seismische Rauschen in den Nächten an den Wochenenden stärker als in den Nächten von Montag bis Freitag.

Für ländliche oder alpin gelegene Stationen des nationalen Breitband-Netzwerks (SDSNet) ist das Hintergrundrauschen dagegen nur gering vermindert, denn diese Gebiete werden sehr viel weniger von Vibrationen durch Strassenverkehr, Zügen und anderen menschlichen Aktivitäten beeinflusst. Lokal können starke Winde und andere Wettereinflüsse aber auch zu erhöhten Werten des Hintergrundrauschens führen, wie es möglicherweise in der Nordostschweiz während des Untersuchungszeitraums (23. bis 29. März 2020) der Fall war.

Infolge der ausserordentlichen Lage in der Schweiz können die Messstationen nun auch etwas kleinere Erdbeben aufzeichnen, deren Signale ansonsten im Hintergrundrauschen verschwinden würden. Der COVID-19-Lockdown sorgt also in Teilen der Schweiz für eine erhöhte Empfindlichkeit der Erdbebenüberwachung, dieser Effekt ist allerdings mit 0.1 bis 0.2 Magnituden-Einheiten nicht allzu gross. Zum Vergleich: Durchschnittlich liegt die Überwachungsempfindlichkeit während den Nachtstunden rund 0.5 Magnituden-Einheiten höher, als während den Werkstunden am Tag. Neuste Daten zeigen an manchen Stationen, dass das seismische Hintergrundrauschen in den letzten Tagen wieder leicht zugenommen hat. Aussagen über die Einhaltung des Lockdown lassen sich aber aus diesen Daten nicht ableiten.

18.03.2020

Erdbeben bei Vevey

Am Mittwoch, den 18. März 2020, ereignete sich um 02:54 Uhr Ortszeit ein Erdbeben der Magnitude 2.6 rund 10 km östlich von Vevey (VD). Die Tiefe des Bebens lag in ungefähr 9 km.

Das Epizentrum lag in der Gemeinde Montbovon (FR). Zahlreiche Personen in der Region haben das Beben verspürt.

Innerhalb des letzten Jahres gab es in der östlichen Genferseeregion mehrere, meist schwächere Erdbeben. Das stärkste Erdbeben des vergangenen Jahres in dieser Region ereignete sich am 28.05.2019 rund 13 km südwestlich von Vevey mit einer Magnitude von 4.2.

Erdbeben bei Vevey

17.02.2020

LabQuake: Erdbeben im Labor untersuchen wie nie zuvor

Anfang Februar erhielt der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich eine ganz besondere Lieferung: eine 11 Tonnen schwere und 2.4 x 2.5 x 1 Meter grosse Maschine, die kleine Erdbeben in handflächengrossen Gesteinsproben unter Bedingungen auslösen kann, wie sie in der Erdkruste in 4 bis8 km Tiefe vorherrschen. Das Gerät heisst LabQuake und wurde im «Rock Physics and Mechanics Laboratory» installiert, das Dr. Claudio Madonna leitet. Mit dem LabQuake eröffnet sich dem SED eine neue Forschungsrichtung, die Labor-Seismologie. Deren Ziel besteht darin, die Physik von induzierten Erdbeben besser zu verstehen, wie sie beispielsweise im Rahmen von Stimulationen bei tiefen Geothermieprojekten auftreten. Dr. Paul Selvadurai leitet die neu gegründete Forschungsgruppe.

Um ein besseres Verständnis von Naturphänomenen zu entwickeln, untersuchen Wissenschaftler oft komplexe Probleme im Labor. Dort lässt sich das Umfeld kontrollieren, Versuche wiederholen und ein dichtes Netz von Sensoren anbringen. Mit LabQuake induzieren Wissenschaftler Zehntausende sehr kleiner Erdbeben in Gesteinsproben. Diese so genannten nanoseismischen Ereignisse setzen so viel Energie frei wie der Flügelschlag eines Insekts. Die Sensoren beobachten , wie Erdbeben entstehen, was sie steuert und warum sie aufhören. LabQuake ist mit verschiedenen Messgeräten ausgestattet, welche die Entwicklung der Nanoseismizität, die Spannung und den Porendruck in der Gesteinsprobe sehr genau messen.

Weltweit einzigartig

LabQuake setzt maximal 7,6 cm grosse Gesteinsproben den Bedingungen einer tiefen Geothermieanlage aus: Temperaturen von bis zu 170  Celsius und einem Druck von 170 MPa, dieser entspricht etwa 1’678 Atmosphären oder einer 17,3 km hohen Wassersäule. Die maximale Kraft, welche die Wissenschaftler auf die Gesteinsproben einwirken lassen können, ist dem Gewicht von 125 mittelgrossen Geländewagen gleichzusetzen (etwa 2’500 kN).

Eine der ersten Anwendungen von LabQuake wird die Wiederholung von Versuchen mit Gesteinsproben sein, die in Untergrundlaboren gesammelt wurden. LabQuake ergänzt auf ideale Weise Versuche im Dekameterbereich (10 Meter), die im Rahmen des ISC-Projekts (In-situ Stimulation and Circulation) im Felslabor Grimsel durchgeführt wurden. Die Wissenschaftler testen Annahmen aus diesem Projekt und skalieren sie auf LabQuake herunter. Anschliessend skalieren sie ihre neuen Erkenntnisse hoch und wenden sie erneut in Feldexperimenten an, die im Bedretto Underground Laboratory for Geoenergies durchgeführt werden. Somit schliesst LabQuake die Lücke zwischen Projekten verschiedener Grössenordnungen und trägt zur Verbesserung ihrer Genauigkeit und Erfolgsquote bei.

Die Finanzierung von LabQuake in der Höhe von etwa 1.2 Millionen Schweizer Franken wurde mit der Anschubfinanzierung des Startup-Fonds der Professur Wiemer sowie mit Beiträgen des R'Equip-Programms des SNF, des Ausrüstungsprogramms der ETH und des Departements Erdwissenschaften sichergestellt.

Die Anlieferung des LabQuake beim SED zeigt dieses Zeitraffer-Video.

LabQuake: Erdbeben im Labor untersuchen wie nie zuvor

14.01.2020

Erdbeben in der Schweiz im Jahr 2019

Im vergangenen Jahr haben sich in der Schweiz und im grenznahen Ausland doppelt so viele spürbare Erdbeben ereignet wie im langjährigen Durchschnitt. Aus der Bevölkerung gingen beim Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich zu beinahe fünfzig der insgesamt 1'670 aufgezeichneten Erdbeben fünf oder mehr Verspürtmeldungen ein. Die Mehrheit der Beben steht in Zusammenhang mit fünf aktiven Erdbebensequenzen, welche die Erdbebenaktivität im Jahr 2019 geprägt haben. Eine davon lag im Wallis im Gebiet zwischen Anzère und dem Sanetschpass. Die vier weiteren ereigneten sich im Grenzgebiet zur Schweiz bei Courmayeur (I), Novel (F), Konstanz (D) sowie Chamonix (F).

Erdbeben treten in der Schweiz oft in Form von Sequenzen auf, die auch Erdbebenschwärme genannt werden und sich durch eine zeitliche Häufung von Beben an einen bestimmten Ort auszeichnen. Ungewöhnlich am vergangenen Jahr ist die Anzahl der sehr aktiven Erdbebensequenzen, infolge derer sich mehr spürbare Beben als üblich ereigneten und so viele Beben aufgezeichnet wurden wie noch nie seit Beginn der modernen Erdbebenüberwachung in den 1970er Jahren. Für Menschen spürbare Beben weisen in der Regel eine Magnitude von 2.5 oder mehr auf. Eine ähnliche Häufung von wahrnehmbaren Beben trat letztes Mal im Jahr 1964 auf, als bei Sarnen (OW) über mehrere Monate eine ausgeprägte Erdbebensequenz mit Beben von Magnituden von bis zu 5.3 die Bevölkerung stark beunruhigte. Eine so hohe Erdbebenaktivität wie im Jahr 2019 ist zwar selten, aber weder unerwartet noch ein Hinweis auf eine erhöhte Erdbebengefährdung in den nächsten Monaten und Jahren.

Am meisten Beachtung in der Bevölkerung erlangte ein Erdbebenschwarm im Wallis mit 16 spürbaren Beben, zu denen aus der Bevölkerung insgesamt etwa 2'000 Verspürtmeldungen eingingen. In der ersten Novemberhälfte ereigneten sich nördlich von Sion zwischen Anzère und dem Sanetschpass insgesamt mehr als 300 Beben, die zwei grössten mit einer Magnitude von 3.3. Erste Analysen deuten darauf hin, dass bei dieser Sequenz mehrere Verwerfungen gleichzeitig aktiviert wurden, die sich gegenseitig beeinflussten. Im Unterschied dazu weist die Bebenaktivität auf der Halbinsel Bodanrück in der Nähe von Konstanz (D) auf eine einzelne aktivierte Struktur im Untergrund hin. Die Beben dort zeigen alle einen ähnlichen Bruchmechanismus. Dieser Schwarm mit insgesamt sieben spürbaren Beben verweist auf eine seismisch aktive Grabenstruktur in der Region Hegau-Bodensee.

Das grösste Beben im Jahr 2019 mit einer Magnitude von 4.2 ereignete sich Ende Mai als Teil des Erdbebenschwarms bei Novel (F). Aus der Bevölkerung erreichten den SED alleine zu diesem Ereignis 600 Verspürtmeldungen. Das zweitstärkste Beben trat in Zusammenhang mit dem Schwarm bei Konstanz (D) mit einer Magnitude von 3.7 auf. Mit 410 Beben verzeichnet die schon länger aktive Sequenz bei Courmayeur (I) im Bereich des Mont-Blanc-Massivs die grösste Anzahl an Ereignissen im Jahr 2019. 

Die Gesamtanzahl von 1’670 aufgezeichneten Beben stellt einen neuen Rekord dar. Neben der hohen Erdbebenaktivität im vergangenen Jahr ist dieser auch eine Folge der fortschreitenden Verdichtung und Modernisierung des seismischen Messnetzes. Für Seismologinnen und Seismologen sind mehr aufgezeichnete Beben hilfreich, weil sie es erlauben, den Untergrund und die Seismotektonik der Alpen zunehmend detaillierter abzubilden. Damit lassen sich unter anderem die Grundlagen für zukünftige seismische Gefährdungs- und Risikoabschätzungen verbessern.

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