Projektbeschrieb Geothermie Basel

Das sogenannte „Deep Heat Mining“-Projekt in Basel war ein wegweisendes Schweizerisches Energieforschungsprojekt, das den Bau einer Pilotanlage für ein geothermisches Kraftwerk nach dem EGS-Verfahren vorsah („Enhanced Geothermal System“, petrothermale Geothermie). Dabei wird kalte Flüssigkeit, meist Wasser, in heisses Gestein gepresst, wo es sich erhitzt, bevor es wieder zurück an die Erdoberfläche befördert wird. Dort kann es zur Wärme- und Stromerzeugung genutzt werden.

Mittelfristig sollte mit dem Projekt eine umweltverträgliche Energiegewinnung ermöglicht werden. Ziele waren auch die Nutzung einheimischer Energiequellen und die Reduktion des Energieimports. Es sollte in Basel eine Pilotanlage gebaut werden, die weitgehend ohne CO2-Ausstoss oder Produktion von Abfall sechs Megawatt Strom und 17 Megawatt Wärme liefert. Dies entspricht dem Bedarf an elektrischer Energie von rund 10‘000 Haushalten und dem Wärmebedarf von 2‘700 Haushalten. Vorgesehen waren Bohrungen in 5‘000 Metern Tiefe, wo Temperaturen von 200 Grad Celsius genutzt werden können.

Als Standort des künftigen Geothermiekraftwerks war der Werkhof der IWB in Basel-Kleinhüningen vorgesehen. Die gewonnene Wärme hätte von dort in das gut ausgebaute städtische Fernwärmenetz eingespeist werden können. In den Sommermonaten, wenn der Bedarf an Fernwärme gering ist, hätte das Kraftwerk hauptsächlich Strom produziert.

Das erste in der Schweiz geplante Geothermieprojekt mit Stromerzeugung wurde in Basel lanciert. Nach einer Explorationsphase sollte im Dezember 2006 während zwei Wochen Wasser unter hohem Druck in das kristalline Grundgebirge gepresst werden. Das Ziel bestand darin, dessen Durchlässigkeit in einer Tiefe von 4‘000 bis 5‘000 Metern zu erhöhen und ein geothermisches Reservoir zu schaffen, in dem die Flüssigkeit zirkuliert und sich erwärmt.

Der Prozess des Einpressens wurde von einem dichten seismischen Überwachungssystem beobachtet. Dazu gehörten unter anderem sechs von der Geopower Basel AG betriebene Bohrlochseismometer in einer Tiefe von 300 bis 2‘700 Metern, die wie geplant tausende von Mikrobeben aufgezeichnet haben. Der SED betreibt im Raum Basel ein dichtes Netz von Erdbebenstationen, das während des Deep Heat Mining-Projektes deutlich verdichtet wurde. Zusätzlich wurden vom Landeserdbebendienst Baden-Württemberg einige Stationen auf deutscher Seite installiert. Der SED hatte Zugang zu den Daten dieser Stationen und die Aufgabe, die Magnitude der detektierten Erdbeben festzulegen.

Die Injektionsrate (Flüssigkeitsmenge) wurde schrittweise erhöht, bis die maximale Rate am sechsten Tag erreicht war. Kurz danach ereignete sich ein Beben der Lokalmagnitude 2.6. Daraufhin wurde die Injektionsrate gedrosselt und einige Stunden später ganz eingestellt. Nach ungefähr fünf Stunden kam es zu einem Beben mit einer Lokalmagnitude von 3.4 (Momentenmagnitude 3.1). Mit einer Intensität von V war es weiträumig spürbar und richtete kleinere Schäden an. Drei weitere spürbare Beben mit Lokalmagnituden grösser als 3.0 ereigneten sich bis in den Februar 2007 hinein. Insgesamt wurden über 200 Beben mit Magnituden von 0.9 (ML) oder grösser registriert (entspricht über 900 Beben mit Mw). Die Projektleitung sistierte daraufhin das Vorhaben und beendete das Projekt 2009 nach einer umfassenden Risikoanalyse endgültig.

Die eingegangenen Schadenmeldungen betrafen vorwiegend kleinere Risse im Verputz von Gebäuden und beliefen sich auf eine Summe von 6 Millionen CHF, die mehrheitlich abgegolten wurde.

 

Zeitliche Abfolge

Die Erdbebenaktivität in der Umgebung des Bohrlochs wird seit Projektbeginn mit einem seismischen Netzwerk überwacht. Aus den gesammelten Daten lässt sich ablesen, dass die Erdbebenaktivität im stimulierten Bereich seit dem Projektende im Jahr 2006 erst mehr oder weniger stetig abgenommen hat. In Zuge dessen wurde das Bohrloch im April 2011 wieder verschlossen, nachdem es im Dezember 2006 aufgrund der erhöhten Seismizität geöffnet worden war. Etwa ein Jahr nach dem Verschluss des Bohrlochs im April 2011 und speziell seit der zweiten Hälfte des Jahres 2016 war die Erdbebenaktivität in der unmittelbaren Nähe des Bohrloches erneut deutlich angestiegen. Dabei traten die Mikrobeben typischerweise schwarmartig auf, das heisst, Phasen von erhöhter Aktivität während einiger Wochen waren gefolgt von ruhigeren Perioden. Bisher wurde keines dieser Beben von der Bevölkerung verspürt.

Neben der seismischen Aktivität hat sich in diesem Zeitraum auch die räumliche Ausbreitung der Beben verändert: Die jüngsten Beben ereigneten sich am südlichen und nördlichen Rand der bisher betroffenen Fläche und deuteten auf eine Ausdehnung des erzeugten Risssystems hin. Messungen zeigten zudem, dass der hydraulische Druck im Reservoir (Porendruck) seit dem Verschluss des Bohrlochs kontinuierlich angestiegen war. Eine detaillierte Analyse der seismischen Daten sowie die Modellierung des Zusammenhangs zwischen Erdbeben und steigendem Porendruck haben ergeben, dass bereits geringe Druckanstiege im Reservoir ausreichen, um die Seismizität merklich zu erhöhen.

Im März 2017 beschloss das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt in Absprache mit den Industriellen Werken Basel (IWB) im Sommer 2017 das Bohrloch abermalig zu öffnen. Eine umfangreiche, wissenschaftliche Untersuchung des SED hatte ergeben, dass sich die erhöhte Erdbebenaktivität mit grosser Wahrscheinlichkeit durch das Öffnen des Bohrlochs langfristig erneut senken lässt.

Der Schweizerische Erdbebendienst war zu Projektbeginn verantwortlich für die unabhängige seismische Überwachung der Stimulation in Basel. Die aufgezeichneten Erdbeben wurden fortlaufend durch ein für diesen Zweck erweitertes seismisches Netzwerk registriert, vom SED lokalisiert und als Datenbank und auf Karten auf der Projektwebseite publiziert. Für den Fall, dass ein aufgezeichnetes Beben eine Lokalmagnitude von 2.0 aufgewiesen oder überschritten hat, informierte der Erdbebendienst zusätzlich die nötigen Instanzen. Der SED hat zudem die Behörden des Kantons Basel-Stadt bei der Durchführung der SERIANEX-Studie [1] zum Erdbebenrisiko des Deep Heat Mining Projekts fachlich beraten. Seit Mai 2012 hat der SED im Auftrag des Kantons die seismische Überwachung der direkten Umgebung des Bohrlochs in Basel von der Geopower Basel AG übernommen. Des Weiteren hat der SED im März 2017 zu Händen des Kantons Basel-Stadt eine Analyse zu induzierten Erdbeben im Nachgang des eingestellten Geothermieprojekts in Basel verfasst.

Weitere Informationen zur Rolle des SED zur Überwachung von Geothermieprojekten Sie hier.

[1] Baisch Stefan, Carbon David, Dannwolf Uwe, Delacou Bastien, Devaux Mylène, Dunand François, Jung Reinhard, Koller Martin, Martin Christophe, S. M., & Secanell Ramon, V. R. (2009). Deep Heat Mining Basel Seismic Risk Analysis SERIANEX.