Numerische Modellierung der Erdbeben-Bodenbewegung

Modellierungen von Erdbeben werden dort eingesetzt, wo Registrierungen fehlen, d. h. insbesondere für grosse Schadensbeben und für Standorte im Nahfeld seismischer Quellen. Hierfür können einerseits standortspezifische Bodenbewegungs-Abminderungsmodelle kalibriert werden. Andererseits können auch deterministische Modellierungen des Bruchvorgangs und der Wellenausbreitung für Szenario-Erdbeben verwendet werden. Unablässig hierfür ist eine genaue Einbeziehung der lokalen geologischen Eigenschaften.

Bild: Räumliche Variation des stress-drop Parameters (Spannungsabfall) der instrumentellen Erdbeben der letzten Jahrzehnte in der Schweiz
Numerical Modeling

Bodenbewegungen für typische und extreme Erdbeben

Die Vorhersage der von Erdbeben verursachten Bodenbewegung ist ein zentrales Element sowohl in der probabilistischen wie auch der deterministischen seismischen Gefährdungsanalyse. Eine korrekte Modellierung der Bodenbewegung stellt besonders wegen der relativ geringen Anzahl von Aufzeichnungen im Nahfeld des Bruches und für seltene grosse Erdbeben eine Herausforderung dar.

Eine Berücksichtigung der physikalischen Grundgesetze für die Modellierung der Bodenbewegung stellt ein großes Verbesserungspotential dar. Dies soll durch die Verbindung standortspezifischer Bodenbewegungs-Abminderungsmodelle und von deterministischen Modellierungen des Bruchvorgangs und der Wellenausbreitung für realistische Szenario-Erdbeben erfolgen. Grundvoraussetzung für eine zuverlässige Modellierung ist die Modellentwicklung unter Einbeziehung der Eigenschaften der lokalen geologischen Eigenschaften des Untergrunds.

Bodenbewegungs-Abminderungsmodelle (GMPEs)

Mit Hilfe von simulationsbasierten stochastischen Modellen und durch eine Beschreibung der seismischen Quelle, der Wellenausbreitung und des Einflusses des lokalen Standorts werden typische Wellenformen erzeugt. Ein solches für die Schweiz angepasstes Modell wurde in den letzten Jahren entwickelt, überprüft und für das seismische Gefährdungsmodell der Schweiz verwendet. Es erlaubt eine Vielzahl von Anwendungen mit den aufgezeichneten Erdbebendaten, die für die Gefährdungsanalyse von Bedeutung sind. Wichtige Verbesserungen in den nächsten Jahren beziehen sich auf das verwendete Quellenmodell, die Modellierung grosser Erdbeben mit ausgedehnten Bruchflächen, die Einführung alternativer Magnituden zu Mw, physikalische Modelle für die Dämpfung am Standort, Modelle zur Beschreibung der Bodenbewegung in der Tiefe, die Verbesserung der Beschreibung von Nahfeldeffekten, und die Verbesserung der Methodik zur Entwicklung von stochastischen Modellen.

Szenario-Modellierung und Grenzen der Bodenbewegung

Ein Teilprojekt zielt auf die Modellierung typischer Erdbebenszenarien, die in der Schweiz zu erwarten sind. Die Modellierung basiert auf der Physik des Bruchvorgangs und der komplexen Wellenausbreitung. Dabei werden auch Extremereignisse im Nahfeld simuliert und die Grenzwerte der Bodenbewegung erforscht. Für die Lockersedimente an der Erdoberfläche stellen die nichtlineare Dämpfung und das Materialversagen, beispielsweise durch Bodenverflüssigung, wichtige Grenzen bei der maximal möglichen Bodenbewegung dar.

Wichtige Weiterentwicklungen im Bereich der numerischen Simulation von anelastischem, plastischem und nichtlinearem Verhalten wurden bereits realisiert und sollen unter Einbeziehung der neuen Möglichkeiten bei der 3D Modellierung weitergeführt werden; diese umfassen beispielsweise heterogene Bruchflächen, die Simulation variabler Materialeigenschaften und die dadurch verursachte Streuung seismischer Wellen, sowie die Modellierung hoher Frequenzen.

Plastische Deformationen, die bei starken Erdbeben an der Bruchfläche und in den Lockersedimenten entstehen (Magnitude 7.8 Erdbeben auf der südlichen San Andreas Verwerfung in Kalifornien).
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