17.02.2020

LabQuake: Erdbeben im Labor untersuchen wie nie zuvor

Anfang Februar erhielt der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich eine ganz besondere Lieferung: eine 11 Tonnen schwere und 2.4 x 2.5 x 1 Meter grosse Maschine, die kleine Erdbeben in handflächengrossen Gesteinsproben unter Bedingungen auslösen kann, wie sie in der Erdkruste in 4 bis8 km Tiefe vorherrschen. Das Gerät heisst LabQuake und wurde im «Rock Physics and Mechanics Laboratory» installiert, das Dr. Claudio Madonna leitet. Mit dem LabQuake eröffnet sich dem SED eine neue Forschungsrichtung, die Labor-Seismologie. Deren Ziel besteht darin, die Physik von induzierten Erdbeben besser zu verstehen, wie sie beispielsweise im Rahmen von Stimulationen bei tiefen Geothermieprojekten auftreten. Dr. Paul Selvadurai leitet die neu gegründete Forschungsgruppe.

Um ein besseres Verständnis von Naturphänomenen zu entwickeln, untersuchen Wissenschaftler oft komplexe Probleme im Labor. Dort lässt sich das Umfeld kontrollieren, Versuche wiederholen und ein dichtes Netz von Sensoren anbringen. Mit LabQuake induzieren Wissenschaftler Zehntausende sehr kleiner Erdbeben in Gesteinsproben. Diese so genannten nanoseismischen Ereignisse setzen so viel Energie frei wie der Flügelschlag eines Insekts. Die Sensoren beobachten , wie Erdbeben entstehen, was sie steuert und warum sie aufhören. LabQuake ist mit verschiedenen Messgeräten ausgestattet, welche die Entwicklung der Nanoseismizität, die Spannung und den Porendruck in der Gesteinsprobe sehr genau messen.

Weltweit einzigartig

LabQuake setzt maximal 7,6 cm grosse Gesteinsproben den Bedingungen einer tiefen Geothermieanlage aus: Temperaturen von bis zu 170  Celsius und einem Druck von 170 MPa, dieser entspricht etwa 1’678 Atmosphären oder einer 17,3 km hohen Wassersäule. Die maximale Kraft, welche die Wissenschaftler auf die Gesteinsproben einwirken lassen können, ist dem Gewicht von 125 mittelgrossen Geländewagen gleichzusetzen (etwa 2’500 kN).

Eine der ersten Anwendungen von LabQuake wird die Wiederholung von Versuchen mit Gesteinsproben sein, die in Untergrundlaboren gesammelt wurden. LabQuake ergänzt auf ideale Weise Versuche im Dekameterbereich (10 Meter), die im Rahmen des ISC-Projekts (In-situ Stimulation and Circulation) im Felslabor Grimsel durchgeführt wurden. Die Wissenschaftler testen Annahmen aus diesem Projekt und skalieren sie auf LabQuake herunter. Anschliessend skalieren sie ihre neuen Erkenntnisse hoch und wenden sie erneut in Feldexperimenten an, die im Bedretto Underground Laboratory for Geoenergies durchgeführt werden. Somit schliesst LabQuake die Lücke zwischen Projekten verschiedener Grössenordnungen und trägt zur Verbesserung ihrer Genauigkeit und Erfolgsquote bei.

Die Finanzierung von LabQuake in der Höhe von etwa 1.2 Millionen Schweizer Franken wurde mit der Anschubfinanzierung des Startup-Fonds der Professur Wiemer sowie mit Beiträgen des R'Equip-Programms des SNF, des Ausrüstungsprogramms der ETH und des Departements Erdwissenschaften sichergestellt.

Die Anlieferung des LabQuake beim SED zeigt dieses Zeitraffer-Video.