Der Boden vibriert, Gläser klirren und die Deckenlampe schwingt. Nach dem ersten Schrecken stellt sich die Frage: Was ist geschehen? Ob ein Erdbeben die Erschütterungen verursacht hat, erfahren Sie beinahe in Echtzeit auf unserer Webseite.
Der Schweizerische Erdbebendienst (SED) veröffentlicht für jedes Erdbeben ab einer Magnitude von 2.5 eine Schütterkarte sowie eine ShakeMap. Dabei handelt es sich um eine schnelle Abschätzung der von einem Beben erzeugten Bodenbewegung und den damit verbundenen Auswirkungen. ShakeMaps bilden wesentlich mehr Informationen ab als herkömmliche Erdbebenkarten, die nur das Epizentrum und die Magnitude zeigen. Die erweiterten Angaben sind sowohl für die betroffene Bevölkerung als auch für die Rettungskräfte als Handlungsgrundlage hilfreich.
ShakeMap des Erdbebens bei Elm am 10. November 2020 mit der Magnitude 3.9. Der Erdbebenherd lag in einer Tiefe von ungefähr 1.7 Kilometern.
Achtung: ShakeMaps werden nach mittleren und grossen Erdbeben automatisch produziert. Es handelt sich um vorläufige Erschütterungskarten, die normalerweise innerhalb von Minuten nach einem Erdbeben veröffentlicht werden. Bei der ersten Veröffentlichung sind sie noch nicht manuell kontrolliert. Da Bodenbewegung und Intensität typischerweise kleinräumig stark variieren, sind diese Karten auch nur Näherungen. Im kleineren Masstab sind sie als unzuverlässig anzusehen. Letztendlich sind auch die Eingabe-Daten roh und nicht kontrolliert, und können Fehler enthalten.
Starke Erdbeben verursachen grosses menschliches Leid und verheerende Schäden an Gebäuden und Infrastrukturanlagen. Direkt nach einem grösseren Beben erweist es sich als schwierig, die Situation zu überblicken und davon ausgehend die richtigen Massnahmen einzuleiten. ShakeMaps unterstützen in dieser Phase die Krisenbewältigung, indem sie aufzeigen, welche Gebiete besonders stark betroffen sind. Sie ermöglichen damit Behörden und Hilfskräften einen gezielten Einsatz ihrer Mittel und dienen der Bevölkerung und den Medien als nützliche Informationsgrundlage. Nach schwächeren Beben zeigen sie, wo und wie stark diese verspürt worden sind und ob Schäden zu erwarten sind. ShakeMaps haben ihren Ursprung in Südkalifornien und werden mittlerweile in vielen erdbebengefährdeten Ländern routinemässig eingesetzt.
Eine ShakeMap wird in mehreren Bearbeitungsschritten erzeugt: Als erstes werden Epizentrum und Magnitude des Erdbebens aus den Daten bestimmt, welche die seismischen Stationen des nationalen Breitbandnetzes in Echtzeit aufzeichnen. Anschliessend werden diese Angaben mit den beobachteten maximalen Bodenbeschleunigungen an den Stationen des Starkebenmessnetzwerks kombiniert und mit Erfahrungswerten zu den Bodenbewegungen ergänzt. Bevor die Daten in die makroseismische Intensität (EMS-98) umgerechnet werden, bedarf es einer Bereinigung der lokalen Verstärkungseffekte. Die Modelle, welche für die Berechnung von ShakeMaps notwendig sind, wurden speziell für die Schweiz kalibriert.
Eine ShakeMap bildet die durch ein Erdbeben ausgelösten Bodenerschütterungen an jedem Punkt der Schweiz ab. Die mit Hilfe von Seismometern registrierten Daten werden in Echtzeit an den Schweizerischen Erdbebendienst in Zürich überliefert. Dort fliessen die Werte in ein geophysikalisches Modell ein, welches innerhalb von ungefähr fünf Minuten automatisch eine ShakeMap erstellt.
Der nachfolgend abgebildeten ShakeMap liegt als Szenario ein Erdbeben bei Basel mit einer Magnitude von 6.6 zugrunde. Ein ähnliches Beben mit verheerenden Auswirkungen ereignete sich an derselben Stelle am 18. Oktober 1356. In der Region Basel wird im Durchschnitt alle 1‘500 bis 2‘500 Jahre ein vergleichbares Erdbeben erwartet. Der Stern kennzeichnet das Epizentrum des Erdbebens. Die Einfärbungen widerspiegeln, wie stark die Bodenbewegungen an bestimmten Orten ausfallen würden und welche möglichen Schäden dies nach sich zöge.
Die Einfärbung der ShakeMap leitet sich von der Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98) ab, welche als Massstab dient, um Auswirkungen von Erdbeben europaweit zu vergleichen. Das im Szenario abgebildete Erdbeben hätte nahe des Epizentrums eine Intensität von IX erreicht und damit zerstörerische Schäden verursacht sowie die ansässige Bevölkerung in Panik versetzt.
Für jedes Erdbeben ab einer Magnitude von 2.5 wird noch vor der ShakeMap eine Schütterkarte erstellt. Der farbige Kreis auf der unten abgebildeten Schütterkarte des Zuger Bebens im Jahr 2012 kennzeichnet die Regionen, in denen das Erdbeben vermutlich spürbar war (gelb). Bei der Schütterkarte handelt es sich um eine vereinfachte Form einer ShakeMap. Sie zeigt auf, in welchem Umkreis des Epizentrums das Erdbeben mutmasslich verspürt worden ist und nimmt eine erste Schadenabschätzung vor. Im Unterschied zur ShakeMap berücksichtigt die Schütterkarte weder die Effekte des lokalen Untergrunds noch die tatsächlich mit Seismometern gemessenen Bodenbewegungen. Sie gründet lediglich auf der automatischen Lokalisierung sowie der Magnitude eines Erdbebens. Sie schätzt die erwartete Erschütterung basierend auf Beobachtungen vergangener Erdbeben in der Schweiz ab.