Die Erdbebengefährdung, auch als seismische Gefährdung bezeichnet, setzt sich aus verschiedenen Eingabedaten zusammen, welche die Hauptkomponenten des aktuellen Erdbebengefährdungsmodells der Schweiz darstellen.
Die Bewertung basiert auf Kenntnissen über vergangene Erdbeben, Geologie, Tektonik und setzt die Bestimmung eines Referenz Felsmodells für das seismische Gefährdungsmodell voraus. Die diesen Faktoren zugrundeliegenden Datensätze werden zu einem Erdbebengefährdungsmodell kombiniert, mit dem abgeschätzt werden kann, wo Erdbeben unterschiedlicher Stärke auftreten können, wie häufig sie zu erwarten sind und wie wahrscheinlich bestimmte erdbebenbedingte Erschütterungen sind. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse sind ebenfalls erforderlich, um die verschiedenen Bodenerschütterungsniveaus in der Schweiz zuverlässig zu bewerten und abzuschätzen.
Erdbeben entstehen durch einen plötzlichen Spannungsabbau entlang von Brüchen in der Erdkruste. Ihr Auftreten wird durch die regionale Tektonik, die Geologie und die Spannungsverhältnisse in der Erdkruste bestimmt. Durch die Auswertung vieler Erdbeben können Aussagen zu den tektonischen Spannungsverhältnissen und der Tiefenverteilung der Beben gemacht werden. Zusammen mit Informationen über die Orientierung der Verwerfungen liefert dies eine Grundlage für die Abschätzung der Erdbebengefährdung.
Vergangene Erdbebenaktivität und historische Erdbebenaufzeichnungen (z. B. Ort, Intensität und Auswirkungen) sind der Schlüssel zum Verständnis und zur Abschätzung künftiger Seismizität und Bodenerschütterungen. Historische Beschreibungen für ein Erdbeben werden in eine moderne Beschreibung mit Magnitude, Epizentrum und Herdtiefe übersetzt. Für die Berechnung des Erdbebengefährdungsmodells der Schweiz 2015 wurden Informationen über alle bekannten Schadensbeben und deren Auswirkungen bis 1975 gesammelt und neu ausgewertet. Seit 1975 ermöglicht das seismische Netzwerk der Schweiz eine flächendeckende instrumentelle Überwachung der Erdbebenaktivität. Die historischen und instrumentellen Erdbeben werden zu einem Erdbebenkatalog kombiniert, dem Erdbebenkatalog für die Schweiz (ECOS-09). Dieser Erdbebenkatalog ermöglicht eine Abschätzung der geografischen Verteilung und der Wahrscheinlichkeiten künftiger Erdbeben in der Schweiz.
Die Physik der radialen Ausbreitung seismischer Wellen vom Hypozentrum (wo die Verwerfung aufbricht) durch die Erdkruste ermöglicht es uns, zusammen mit den Daten vergangener Erdbeben die Stärke der Bodenerschütterung an einem bestimmten Ort infolge eines Erdbebens bestimmter Stärke abzuschätzen.
Für das Erdbebengefährdungsmodell 2015 wurde aus umfangreichen geophysikalischen Messungen an verschiedenen Seismometer-Standorten in der Schweiz ein Referenz-Felsmodell bestimmt. Dazu wurden die Effekte des Erdbebenherds, der Ausbreitung der seismischen Wellen und der lokalen Verstärkungen berechnet. Dies ist ein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zum Erdbebengefährdungsmodell 2004 und ermöglicht es, die seismische Gefährdungsabschätzung für diesen Referenzfels zu berechnen und die Unsicherheiten in der Abschätzung signifikant zu reduzieren.