Messdaten
In die Bewertung der Erdbebengefährdung flossen zehn Jahre qualitativ hochwertiger Daten des digitalen Breitband- und Starkbebenmessnetzwerkes. Die Schweiz verfügt über eines der modernsten und dichtesten seismischen Messnetzwerke weltweit. Es zeichnet jährlich 1'000 bis 1'500 Erdbeben in der Schweiz auf. Die Kenntnis über die Verteilung der kleinen und mittelgrossen Erdbeben ist eine wesentliche Hilfe, um die künftige Erdbebenaktivität abzuschätzen. Die aufgezeichneten Bodenbeschleunigungen erlaubten zudem die Entwicklung verbesserter Vorhersagemodelle der Bodenbewegung.
Historische Daten
Zahlreiche Datenquellen wurden im Rahmen der Überarbeitung des historischen Erdbebenkataloges der Schweiz neu ausgewertet. Sie liefern wichtige Informationen zu allen bekannten Schadensbeben und deren Auswirkungen bis 1975. Seit diesem Zeitpunkt ermöglicht das seismische Netzwerk der Schweiz eine flächendeckende instrumentelle Überwachung der Erdbebenaktivität. Die historische Seismologie leistet einen kritischen Beitrag zur Gefährdungsanalyse, indem sie die Auswirkungen grosser Beben in der Vergangenheit beurteilt. Solche Beben ereignen sich in der Schweiz nur selten und im Vergleich zu ihrer Wiederkehrperiode erweist sich die Beobachtungsperiode der instrumentellen Seismologie als sehr kurz.
Makroseismische Daten
Die Makroseismik ist eine Klassifizierung der durch Erdbeben hervorgerufenen Erschütterungen basierend auf den von Menschen beobachteten Auswirkungen. Sie erlaubt es, die Magnituden und Epizentren von historischen Erdbeben verlässlich abzuschätzen und mit modernen Daten in Verbindung zu bringen.
Homogener Referenzfels
Umfangreiche geophysikalische Messungen an verschiedenen Seismometer-Standorten in der Schweiz erlauben es, den Einfluss der lokalen Geologie auf die aufgezeichneten Seismogramme zu bestimmen. Effekte des Erdbebenherds, der Ausbreitung der seismischen Wellen und der lokalen Verstärkungen lassen sich damit zuverlässig unterscheiden. Dies ermöglicht es, die Bodenbewegung für einen felsigen Referenzuntergrund mit einem definierten Geschwindigkeits-Tiefen-Profil und einer mittleren Geschwindigkeit von 1100 m/s zu bestimmen. 2004 war es noch nicht möglich, den Einfluss der lokalen Verstärkung verlässlich herauszurechnen. Dies ist ein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zum Erdbebengefährdungsmodell 2004 und ermöglicht es, die Unsicherheiten in der Gefährdungsabschätzung zu reduzieren.
Vorhersagemodelle
In den letzten Jahren wurden weltweit zahlreiche qualitativ hochwertige seismische Aufzeichnungen in unmittelbarer Nähe von starken Erdbeben gemacht. Die dabei gewonnenen Daten ermöglichen ein verbessertes Verständnis der Einflüsse des lokalen Untergrunds, was mit Hilfe modernisierter Analysemethoden zu deutlich zuverlässigeren Vorhersagemodellen der Bodenbewegung führt. Die Vorhersagemodelle decken mittlerweile auch einen viel breiteren Frequenzbereich ab, was für die Umsetzung der Gefährdungsanalyse im Bauingenieurbereich von Bedeutung ist.
Alternative Zonierung
Der SED hat alternative Ansätze entwickelt, um die Verteilung von Erdbeben nach Ort, Zeit und Magnitude statistisch zu analysieren und abzubilden. Diese Alternative zur klassischen seismotektonischen Zonierung ist insbesondere für Regionen von räumlich verteilter Seismizität ohne dominierende Verwerfungszonen von Vorteil, wie wir sie beispielsweise im Alpenraum vorfinden.
Rechenmodelle
Die vom Projekt „Global Earthquake Model“ (GEM) unter Mitarbeit des SED entwickelte OpenSource Softwareplattform „Openquake“ erlaubt eine deutlich verbesserte Berechnung der Erdbebengefährdung. Komplexere Modelle ermöglichen es, Unsicherheiten stärker zu berücksichtigen und genauer abzuschätzen. Des Weiteren lassen sich die Bodenbewegungen nicht nur für Punktquellen modellieren, sondern auch für ausgedehnte Brüche mit unterschiedlichen Bruchorientierungen.