Der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich (SED) hat von 2011 bis 2013 das Erdbebenmessnetz in der Nordostschweiz erweitert und zehn neue Messstationen aufgebaut. Der Ausbau wurde von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) und den Schweizerischen Kernkraftwerken finanziert.

Das verdichtete Messnetz zielt darauf ab, die seismische Aktivität in der Umgebung der im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager vorgeschlagenen Standortgebiete für hochradioaktive Abfälle zu erfassen. Die neuen Stationen ergänzen die bereits seit 2003 vom SED und der Nagra betriebenen Messstationen und verdichten das nationale Breitbandnetz (SDSNet) des SED in dieser Region. Durch die Verdichtung sollen in den kommenden Jahren auch sehr kleine Mikrobeben mit ausreichender Genauigkeit flächendeckend erfasst werden.

Die gesammelten Daten helfen dabei, bisher möglicherweise unbekannte, aktive Störungszonen mit sehr langsamen tektonischen Bewegungen zu identifizieren und gegebenenfalls mit bekannten geologischen Strukturen in Verbindung zu bringen. Die Daten dienen mittelfristig dazu, die Seismotektonik (d. h. die Frage warum und wo es zu Erdbeben kommt) im Untersuchungsgebiet besser zu verstehen. Die erweiterte Datenbasis soll künftig den zuständigen Behörden als Grundlage für weiterführende Untersuchungen dienen (z. B. im Hinblick auf die Beurteilung der Langzeitsicherheit von geologischen Tiefenlagern oder der seismischen Gefährdung von Kernkraftwerken und anderen sicherheitsrelevanten Infrastrukturanlagen).

Auf Schweizerischem Gebiet wurden sechs zusätzliche Messstationen errichtet, davon drei  in Bohrlöchern mit einer Tiefe zwischen 120 und 160 Metern. Die Installation der hochempfindlichen Sensoren in Bohrlöchern erlaubt es, qualitativ hochwertige Daten in Gegenden aufzunehmen, in denen die z. B. durch Verkehr oder Industrie erzeugte Bodenunruhe die Messungen an der Oberfläche stark beeinträchtigen würde. Vier der zehn neuen Messstationen befinden sich in Deutschland, weil das Untersuchungsgebiet auch grenznahe Gebiete sowie bekannte geologische Störungszonen in der Bodenseeregion umfasst. Die aufgezeichneten Daten werden – wie bereits seit langer Zeit für grenznahe Stationen der Fall – mit dem Landeserdbebendienst Baden-Württemberg (LED) in Echtzeit ausgetauscht.

Die Daten gelangen in Echtzeit per Telefonleitung oder Mobilnetz an die Rechenzentrale des SED in Zürich. Dort werden sie mit den Daten der Stationen des SDSNet zusammengeführt und kontinuierlich auf mögliche Erdbebensignale untersucht sowie archiviert. Alle registrierten und lokalisierten Erdbeben werden auf der Webseite des SED umgehend veröffentlicht. Das gilt auch für die Wellenformen, welche die neuen Messstationen aufzeichnen. Im Falle eines stärkeren Erdbebens informiert der Erdbebendienst Bevölkerung, Behörden und Medien.

Am 31. Januar 2014 ereignete sich bei Gelterkinden im Kanton Basel-Landschaft kurz nach Mitternacht um 00.06 ein Erdbeben mit einer Magnitude von 1.6. Das Beben war zu schwach, um von der Bevölkerung verspürt zu werden. Es wurde jedoch von allen Stationen des verdichteten Nordostschweizerischen Netzwerkes aufgezeichnet. Die untenstehende Grafik zeigt die Wellenformen (Seismogramme) geordnet nach der Distanz zum Epizentrum des Bebens.

Seismogramme des Erdbebens vom 30. Januar 2014 bei Gelterkinden BL

Seismogramme des Erdbebens vom 30. Januar 2014 bei Gelterkinden BL