Das Erdbebenrisiko beziffert die möglichen Auswirkungen von Erdbeben auf Gebäude sowie die damit verbundenen finanziellen und menschlichen Verluste. Um das Erdbebenrisiko näher zu ermitteln, werden in einem Modell detaillierte Informationen zur Erdbebengefährdung, zum Einfluss des lokalen Untergrunds, zur Verletzbarkeit von Gebäuden sowie zu den betroffenen Personen und Werten kombiniert.
Anhand des nationalen Erdbebenrisikomodells konnten erstmals die Folgen von Erdbeben in der Schweiz beziffert werden. Über einen Zeitraum von 100 Jahren können Erdbeben in der Schweiz allein an Gebäuden und ihren Inhalten einen wirtschaftlichen Schaden von 11 bis 44 Milliarden CHF verursachen. Insgesamt würden bis zu 1’600 Personen ihr Leben verlieren und schätzungsweise 40’000 bis 175’000 kurz- bis langfristig obdachlos werden. Hinzu kommen Schäden an Infrastrukturen und Verluste durch weitere Folgen von Erdbeben wie Hangrutschungen, Feuer oder Betriebsunterbrüche. Diese wurden bisher im Erdbebenrisikomodell nicht berücksichtigt. Das Risiko verteilt sich dabei nicht gleichmässig über die Zeit, sondern ist durch seltene, katastrophale Erdbeben dominiert, die meistens ohne Vorwarnung auftreten.
Erfahren Sie mehr über das Erdbebenrisiko in der Schweiz in folgendem Video:
Das grösste Erdbebenrisiko weisen die städtischen Gebiete auf. Das grösste Erdbebenrisiko besteht in dieser Reihenfolge für die Städte Basel, Genf, Zürich, Luzern und Bern. Zwar unterscheidet sich die Erdbebengefährdung in diesen Regionen, aber wegen ihrer Grösse befinden sich in allen fünf Städten zahlreiche Personen und Werte, die bei einem Erdbeben betroffen wären. Zudem verfügen diese Städte über viele, teils besonders verletzliche Gebäude, die oft auf einem weichen Untergrund stehen, der Erdbebenwellen verstärkt.
Die Erdbebenrisikokarte basiert auf einem Index, der die zu erwartende Anzahl Todesopfer mit den geschätzten finanziellen Verlusten aufgrund von Gebäudeschäden kombiniert. Die angegebenen Werte beziehen sich jeweils auf eine Fläche von 2 x 2 Kilometern. Am höchsten ist das Erdbebenrisiko in den dunkelrot eingefärbten Gebieten. Ein tieferes Risiko besteht in den hellblau eingefärbten Gebieten, weil sich dort nur wenige Personen und Werte befinden. Die Schäden an einzelnen Gebäuden können trotzdem verheerend ausfallen. Ein gewisses Erdbebenrisiko besteht somit in der ganzen Schweiz.
Das Erdbebenrisikomodell ist Teil des Massnahmenprogramms des Bundes zur Erdbebenvorsorge, welches das Bundesamt für Umwelt (BAFU) koordiniert. Es hat zum Ziel, ein umfassendes Erdbebenrisikomanagement auf Bundesebene sicherzustellen. Somit tragen die Erkenntnisse aus dem Erdbebenrisikomodell zur nationalen Risikoanalyse und zu den Vorsorgeplanungen auf Stufe Bund und Kantone bei. Diese schaffen eine gemeinsame Grundlage, wie Behörden, Bevölkerung und Wirtschaft die Auswirkungen eines Schadenbebens bewältigen und die zerstörten oder beschädigten Bauten und Infrastrukturen wieder instand setzen können. Zudem dient das nationale Erdbebenrisikomodell der sich im Aufbau befindenden Schadenorganisation Erdbeben (SOE) als wichtiges Element für die Planung und Durchführung ihrer Arbeit. Die SOE wird nach einem Erdbeben die zu erwartenden Kosten aufgrund von Gebäudeschäden abschätzen, damit rasch mit dem Wiederaufbau gestartet werden kann.
Die Erkenntnisse zum Erdbebenrisiko in der Schweiz tragen zu einer besseren Erdbebenvorsorge und Ereignisbewältigung bei. Als eines der ersten Länder weltweit verfügt die Schweiz damit über eine frei zugängliche Grundlage, um fundierte Entscheide im Bereich Erdbebenvorsorge und Ereignisbewältigung zu treffen.
Neben Risikoeinschätzungen für gewisse Zeiträume und Orte kann der SED anhand des Erdbebenrisikomodells Szenarien erstellen. Damit lassen sich unter anderem die heute zu erwartenden Auswirkungen historischer Schadensbeben in der Schweiz veranschaulichen. Zudem stehen weitere Szenarien für ein schadenbringendes Beben mit einer Magnitude 6 für jeden Kantonshauptort und eine weitere Ortschaft zur Verfügung. Ein solches Erdbeben ereignet sich durchschnittlich alle 50 bis 150 Jahre irgendwo in der Schweiz oder im grenznahen Ausland.
Basierend auf dem Erdbebenrisikomodell veröffentlicht der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich nach jedem Beben mit einer Magnitude von 3 oder grösser eine schnelle Schadensabschätzung. Die schnelle Schadensabschätzung informiert die Bevölkerung und Einsatzkräfte bei weiträumig spürbaren oder schadenbringenden Beben über die zu erwartenden Folgen. Vereinzelte Schäden sind nahe dem Epizentrum etwa ab einer Magnitude von 4 möglich.