Die Auswirkungen eines Erdbebens hängen von seiner Stärke (Magnitude), Tiefe und Lage ab. Als Faustregel gilt: Je grösser die Magnitude und je näher das Erdbeben an der Erdoberfläche und an (dicht) besiedelten Gebieten liegt, desto grösser sind die möglichen Folgen.
Das Erdbebenrisiko beziffert die möglichen Auswirkungen von Erdbeben auf Gebäude sowie die damit verbundenen finanziellen und menschlichen Verluste. Um das Erdbebenrisiko näher zu ermitteln, werden in einem Modell detaillierte Informationen zur Erdbebengefährdung, zum Einfluss des lokalen Untergrunds, zur Verletzbarkeit von Gebäuden sowie zu den betroffenen Personen und Werten kombiniert.
Das Risiko verteilt sich dabei nicht gleichmässig über die Zeit, sondern ist durch seltene, katastrophale Erdbeben dominiert, die meistens ohne Vorwarnung auftreten.
Mehr Informationen über das Erdbebenrisiko in der Schweiz ist hier verfügbar.
59 Erdbebenszenarien, welche die mögilchen Auswirkungen an verschiedenen Ortschaften in der Schweiz illustrieren, sind hier veröffentlicht.
In der Nähe des Epizentrums sind Erdbeben in der Regel ab einer Magnitude von 2.5 zu verspüren. Nur in sehr seltenen Fällen erhalten wir Erdbebenmeldungen für Ereignisse mit einer Magnitude unter 2. Ab Magnitude 3 werden Beben verbreitet verspürt. Erdbeben mit Magnituden zwischen 4 und 5 können in einem Umkreis von bis zu 200 km wahrgenommen werden. Ab Magnitude 5 sind es unter Umständen mehrere 100 km.
Die zunehmenden Distanzen erklären sich dadurch, dass die durch ein Erdbeben freigesetzte Energie pro Magnitudenstufe um einen Faktor von 30 zunimmt. Ein Erdbeben der Magnitude 5 ist demnach 30-mal stärker als eines der Magnitude 4.
Beobachten Sie im Video, wie die freigesetzte Energie exponentiell zunimmt.
Die Auswirkungen eines Erdbebens an der Oberfläche (auf Gebäude, Personen, die Umwelt und Infrastrukturen) werden mit einer zwölfstufigen Intensitätsskala (siehe EMS-98 unten) beschrieben.
Schäden an Gebäuden sind ab einer Intensität von etwa VI zu erwarten. Dies entspricht in etwa einer Magnitude von 5. Zerstörerische Schäden sind ab einer Intensität von IX zu erwarten. Zu kleineren Rissen oder Schäden aufgrund herunterfallender Objekte kann es bereits bei kleineren Intensitäten kommen.
Wie gut ein Erdbeben verspürt wird und welche Auswirkungen es hat, hängt neben seiner Stärke von der Tiefe des Erdbebenherds (Hypozentrum) sowie dem jeweiligen Untergrund ab.
Auf einem weichen Boden (z. B. Talfüllungen, Seeablagerungen) werden Erdbeben deutlicher verspürt als auf felsigem Untergrund. Der lokale Untergrund wirkt sich auch auf die Schäden aus: Erdbebenwellen erfahren in sedimentgefüllten Tälern (z. B. Rhonetal) verglichen mit festem Felsuntergrund eine 10-fache Verstärkung und richten im Talboden entsprechend grössere Schäden an. Generell gilt, je solider der Untergrund eines Gebäudes, desto weniger Schaden können Erdbebenwellen anrichten.
Schauen Sie im Video, wie sich die Wellen eines simulierten Erdbebens im Rhonetal ausbreiten und wie lange sie im Talboden «gefangen» bleiben würden.
Nicht nur Erdbeben verursachen Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen, sondern auch erdbebeninduzierte Phänomene, z. B. durch Bodenverflüssigung, Erdrutsche und Tsunamis, die durch unterseeische Erdrutsche ausgelöst werden. Schwere Erdbeben führen häufig auch zu anderen Auswirkungen wie Bränden (z. B. durch Lecks in Gasleitungen) oder Versorgungsunterbrechungen (z. B. wegen geborstenen Wasserleitungen oder Stromkabel). Solche indirekten Auswirkungen von Erdbeben stellen bei starken Beben eine weitere Gefahr für die Bevölkerung dar und verursachen oft einen bedeutenden Anteil des Gesamtschadens.
Erdbeben lösen mancherorts Bodenverflüssigungen aus. Durch die Erschütterungen verlieren die Gesteinspartikel des Bodens ihren Zusammenhalt, der Porenraum wird grösser, Wasser kann eindringen und der zuvor feste Untergrund verliert seine Festigkeit. Das Phänomen kann dort auftreten, wo der Boden sehr wassergesättigt und wenig kompakt ist. Betroffen sind daher vor allem Sedimente- und Lockergesteine, wie sie beispielsweise in Talsenken vorkommen. Solche Bodenverflüssigungen wurden in der Schweiz unter anderem 1946 nach dem Erdbeben in Sierre (Magnitude 5.8) beobachtet.
Die Erschütterungen von Erdbeben können Massenbewegungen wie Erdrutsche, Steinschläge und Lawinen auslösen, insbesondere an steilen, instabilen Hängen. Die geologische Zusammensetzung und die topografische Struktur des Alpenraums tragen dazu bei, dass Hanginstabilitäten und Massenbewegungen in der Schweiz relativ häufig vorkommen. Dank der Weiterentwicklung der geophysikalischen und seismologischen Methoden in den letzten Jahren ist es nun aber möglich, die Hanginstabilität im Detail zu untersuchen. Diese Methoden analysieren das Eigenschwingungsverhalten und die Reaktion von Hängen auf Erdbeben und liefern wertvolle Informationen über deren Stabilität. Obwohl auf diese Weise potenziell instabile Hänge aufgespürt, kartiert und überwacht werden können, ist das Wissen über den Einfluss der Umweltbedingungen auf das seismische Verhalten dieser Hänge noch begrenzt.
Tsunamis kommen nicht nur im Meer vor. In seltenen Fällen treten auch in (Schweizer) Seen grössere Flutwellen auf. In Ozeanen entsteht ein Tsunami, wenn sich der Meeresboden aufgrund eines Bebens abrupt hebt oder senkt und / oder durch submarine Rutschungen.
Solange sich die Wellen im tiefen Wasser fortbewegen, stellen sie in der Regel keine Gefahr dar und sind höchstens durch Messbojen wahrnehmbar. Sobald sie aber seichtere Gewässer erreichen, türmen sich die Wassermengen auf und überfluten, je nachdem wie stark sich der Grund in der Vertikalen bewegt hat, ganze Küstenabschnitte.
In Seen entstehen Tsunamis vor allem durch Bergstürze und Über- oder Unterwasserrutschungen, die oft aber nicht zwingend durch ein Erdbeben ausgelöst wurden. Bei Unterwasserrutschungen hängt die resultierende Wellenhöhe eines Tsunami vor allem vom Sedimentvolumen und der Geschwindigkeit der Rutschung ab.
Hinweise auf historische und prähistorische Bergstürze und Rutschungen, die Flutwellen ausgelöst haben, wurden in den Sedimenten zahlreicher Schweizer Seen gefunden. Dabei handelt es sich um chaotisch durchmischte Ablagerungen, die sich von normalen Sedimenten unterscheiden. Dank der Möglichkeit, ihr Alter zu bestimmen, können sie im Nachhinein einem Ereignis zugeordnet werden. Die Höhe einer Flutwelle kann durch numerische Modelle berechnet und mit historischen Berichten verglichen werden.
Folgende Flutwellen in Schweizer Seen sind historisch dokumentiert:
Die historischen Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Ursachen für Tsunamis in Seen sind und dass wir in Zukunft Flutwellen in Schweizer See nicht ausschliessen können. Aber wann, wo und in welcher Form diese auftreten, lässt sich nicht vorhersagen.