24.09.2020
Erdbebengerecht erstellte Bauwerke bieten den besten Schutz vor den Auswirkungen eines Bebens. Was ein solches Bauwerk in der Schweiz ausmacht, definiert die Norm 261 «Einwirkung auf Tragwerke» des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Kürzlich trat eine überarbeitete Version in Kraft. Sie berücksichtigt die neuen Daten des im Jahr 2015 durch den Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich aktualisierten Erdbebengefährdungsmodells. Die wichtigsten Anpassungen betreffen die Karte der Erdbebenzonen sowie die Antwortspektren für verschiedene Baugrundklassen. Um Gebäude mit lebenswichtigen Infrastrukturfunktionen (Bauwerksklasse III, z. B. Akutspitäler) besser zu schützen, wurden zudem die Sicherheitsfaktoren leicht erhöht, die für den Nachweis der Tragsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit dieser Gebäude notwendig sind.
Die Erdbebenzonenkarte unterteilt die Schweiz basierend auf der kleinteiligeren Erdbebengefährdungskarte in fünf Gebiete, in denen unterschiedliche Anforderungen an eine erdbebengerechte Bauweise gelten. Sie verfügt neu über fünf verschiedene Zonen und damit über eine mehr als bisher. Zudem wurden die Zonengrenzen aufgrund der neuen Erkenntnisse aus dem aktualisierten Erdbebengefährdungsmodell angepasst.
Weiterlesen...Ingenieure nutzen Antwortspektren um festzulegen, wie Bauwerke auf verschiedenen Untergründen (für die Normen eingeteilt in Baugrundklassen) ausgestaltet werden müssen. Aus den Antwortspektren leiten sie die notwendigen Massnahmen ab, um ein Bauwerk für den geologischen Untergrund am jeweiligen Standort so zu erstellen, dass es den Normen genügt. Die Anpassung der Antwortspektren in der überarbeiteten Norm gründet auf einer vertieften Analyse von Erdbebenaufzeichnungen an vielen seismischen Stationen in Verbindung mit geophysikalischen Messungen, welche die lokalen Eigenschaften des Untergrunds an diesen Stationsstandorten ermittelten. In der Norm wird berücksichtigt, dass locker gelagerte Sedimente die seismischen Wellen verstärken. Infolge dessen müssen Bauwerke an solchen Standorten für stärkere Bodenbewegungen ausgelegt werden.
In der Schweiz obliegt es den Kantonen, die Einhaltung der Baunormen zu prüfen. Gewisse kantonale Baugesetzgebungen verlangen explizit die Einhaltung der geltenden SIA Normen oder machen erdbebenspezifische Auflagen im Rahmen der Baubewilligungsverfahren. In anderen Kantonen ist die Umsetzung nicht explizit gesetzlich geregelt und wird auch nicht überprüft. Gemäss Bundesamt für Umwelt liegen die Mehrkosten für eine erdbebengerechte Bauweise eines Neubaus bei einem frühen Einbezug in die Planung bei maximal einem Prozent der Gesamtkosten.
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