28.07.2022
Wo es Vulkane gibt, bebt die Erde häufig – in diesen Regionen künden Erdbeben oft vulkanische Aktivitäten an. Sowohl Erdbeben als auch Vulkane kommen hauptsächlich an den Bruchstellen sich verschiebender tektonischer Platten vor. Ein typisches Beispiel dafür ist Guatemala: Das Land in Mittelamerika, das auf dem gleichnamigen Mittelamerikagraben liegt, verfügt über 43 Vulkansysteme, von denen 25 als aktiv gelten und von denen drei (Pacaya, Fuego und Santiaguito) täglich eruptive Aktivität zeigen. Wie Erdbeben sind auch vulkanische Aktivitäten und die damit verbundenen Gefahren schwer vorherzusagen und erfordern eine genaue Überwachung. Dazu gehört in der Regel ein seismisches Netzwerk, mit dem die Hintergrundaktivität gemessen werden kann. Diese Aufzeichnungen ermöglichen es, in Echtzeit auf Ereignisse zu reagieren und die lokale Bevölkerung zu warnen, bevor ihr Leben von den Gefahren der Vulkane bedroht wird. Genau an einem solchen Projekt in Guatemala ist derzeit der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich beteiligt.
Weiterlesen...Mit Unterstützung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und gemeinsam mit der guatemaltekischen NGO Vivamos Mejor hilft der SED dem guatemaltekischen Nationalen Institut für Seismologie, Vulkanologie, Meteorologie und Hydrologie (INSIVUMEH), eine seismische Überwachung des Santiaguito aufzubauen, der zu den aktiven Vulkanen Guatemalas gehört. Diese Zusammenarbeit ist Teil eines grösseren DEZA-Projekts, das darauf abzielt, das vom Santiaguito ausgehende Risiko für die lokale Bevölkerung zu mindern. Der im Südwesten Guatemalas gelegene Santiaguito gilt als der Vulkan Mittelamerikas, der das höchste Risiko darstellt. Durch die genaue Überwachung der seismischen Aktivität unter dem Vulkan können die Forschenden Ausbruchsphasen besser vorhersagen. Zu den weiteren Hauptgefahren am Santiaguito gehören heftige Schlammströme, sogenannte Lahare, und verheerende pyroklastische Ströme, die ein Gemisch aus Gestein, Gas und Asche enthalten und sich sehr schnell ausbreiten. Diese beiden Gefahren stellen ein hohes Risiko für die umliegenden Gemeinden dar.
Das INSIVUMEH installiert derzeit ein seismisches Netzwerk auf dem und um den Vulkan. Die Aufgabe des SED-Teams besteht zunächst darin, die erfolgreiche Einrichtung des Netzwerkes und die damit verbundene Datenverarbeitung sicherzustellen. Daher reisten Forschende des SED Ende Juni nach Guatemala, um die Pläne bezüglich des seismischen Netzwerkes und der Datenverarbeitung nebst deren Fortschritten zu überprüfen. Darüber hinaus hatte das Team die Gelegenheit, den Vulkan zu besuchen und sich ein besseres Bild von den Gefahren zu machen, die er für die örtlichen Gemeinden birgt. Das Netzwerk soll in diesem Sommer fertiggestellt werden. Bis Ende des Jahres wird zudem ein Ereigniskatalog mit Beispielen für seismische Aufzeichnungen von Lahar-Flüssen und vulkanisch-tektonischen Erdbeben zur Verfügung stehen. Im Rahmen früherer Forschungsprojekte in Mittelamerika zum Aufbau der Erdbebenfrühwarnung (EWARNICA / ATTAC) hat der SED eine enge Beziehung zum INSIVUMEH geknüpft und kann somit auf frühere Erfahrungen in dieser Region und insbesondere in Guatemala zurückgreifen.
Sobald das Netzwerk betriebsbereit ist, wird das SED-Team wissenschaftliche Instrumente entwickeln, um die Überwachung des Santiaguito zu verbessern. Während des zweijährigen Projekts wollen die Forschenden ein Geschwindigkeitsmodell erstellen, das zu einem besseren Verständnis der vulkanisch-tektonischen Seismizität beiträgt und die Verfolgung sich verändernder Seismizität ermöglicht. Ausserdem soll eine Methode erarbeitet werden, mit der Lahar-Ströme an den oberen Hängen des Vulkans schnell erkannt werden, so dass die Gemeinden flussabwärts gewarnt werden können.