18.01.2022

Schon zweimal um die Welt: die Wellen des Tonga-Vulkanausbruchs

Der gewaltige unterseeische Vulkanausbruch des Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai-Vulkans in der Südsee am 15. Januar 2022 hat auch die seismischen Stationen des Schweizerischen Erdbebendienstes an der ETH Zürich (SED) zum Zittern gebracht. Die vulkanische Explosion begann um 05:14 Uhr Schweizer Zeit und erzeugte seismische Wellen, die einem Erdbeben mit der einer Magnitude von 5.8 entsprachen. Ungefähr 20 Minuten später erreichten seismische Raumwellen das Schweizer Erdbebennetz, nachdem sie auf direktem Weg durch die Erde gelaufen waren. Diese Raumwellen breiten sich mit Geschwindigkeiten von 5-10 km/Sekunde (36‘000 km/h) aus. Weitere 30 Minuten später trafen seismische Oberflächenwellen in der Schweiz ein, die sich etwas langsamer ausbreiten. Nach dem Abklingen der Oberflächenwellen beobachtete das Schweizer Netz für mehr als zwölf Stunden die Eigenschwingungen der Erde. Dabei schwingt die Erde mit charakteristischen Frequenzen, die von ihrem inneren Aufbau bestimmt werden. Die nach dem Ausbruch beobachtete Eigenschwingung mit einer Periode von ca. 4.5 Minuten wurde schon 1991 beim Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo beobachtet.

Solche vulkanischen Explosionen erzeugen auch Druckwellen in der Atmosphäre, wie sie zum Beispiel von der MeteoSchweiz hier beschrieben sind. Infraschall-Wellen, deren Frequenzen unterhalb des hörbaren Schalls liegen (zwischen ca. 15 Hz bis 0.001 Hz), werden in der Atmosphäre nur wenig gedämpft und können über sehr weite Entfernungen gemessen werden. Infraschall breitet sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 1‘200 km/h aus. Auf den hochsensiblen Breitband-Messstationen des SED, und auch auf vom SED betriebenen Infraschall-Sensoren, sind diese Wellen ab ca. 20:30 Uhr Schweizer Zeit gut sichtbar. Das ist etwas mehr als 15 Stunden nach dem Eintreffen der Erdbebenwellen. Deutlich zu erkennen ist auch die Dispersion (die Abhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von der Frequenz) dieser Infraschallwellen: Niedrige Frequenzen breiten sich etwas schneller aus und treffen zuerst ein, gefolgt von immer höheren Frequenzen. Eine erste Periode starker Signale von gut zwei Stunden Dauer, wurde durch die auf direktem Weg zu uns gelangten Wellen verursacht. Ungefähr fünf Stunden später sieht man die Signale, die sich in der entgegengesetzten Richtung ausgebreitet haben, mit deutlich kleineren Amplituden. Am Vormittag des 17. Januars ist dann ein erneuter Ausschlag festzustellen: die Wellen haben die Erde nun zum zweiten Mal umrundet. Auf den seismischen Messstationen haben die Infraschall-Signale bei der automatischen Datenverarbeitung eine Anzahl falscher Erdbeben-Erkennungen (Trigger) verursacht.

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